Versammlungsrechtliche Beschränkungen für Demo in Schweinfurt rechtmäßig

11. Mai 2021 -

Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 07.05.2021 zum Aktenzeichen W 5 S 21.615 einen Eilantrag gegen versammlungsrechtliche Beschränkungen bezogen auf eine Versammlung am 08.05.2021 in Schweinfurt abgelehnt.

Aus der Pressemitteilung des VG Würzburg vom 07.05.2021 ergibt sich:

Ein Aktionsbündnis plant, am 8. Mai 2021 unter dem Motto „Wahrheit, Freiheit, Demokratie“ von 14:00 bis 19:00 Uhr eine Versammlung auf dem Volksfestplatz in Schweinfurt abzuhalten. Auf die Anzeige der Veranstaltung hin setzte die Stadt Schweinfurt mit Bescheid vom 5. Mai 2021 u.a. folgende Beschränkungen dafür fest:

– Alle bei der Versammlung anwesenden Personen haben während der Versammlung durchgehend eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Ausgenommen sind lediglich die Versammlungsleitung und die Redner während ihrer Durchsagen bzw. Redebeiträge, sowie Kinder bis zum sechsten Geburtstag und Personen die aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit sind. Die Befreiung ist mittels eines aussagekräftigen ärztlichen Attests glaubhaft zu machen. Personen, die aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit sind, haben sich in einem hierfür vorgesehenen Bereich der Versammlungsfläche zu begeben. Es wird darauf hingewiesen, dass Rauchen, Essen, Trinken oder der Gebrauch von Trillerpfeifen nicht als Grund für das Abnehmen der Mund-Nase-Bedeckung anerkannt werden.

– Zwischen den Versammlungsteilnehmern untereinander und gegenüber Dritten ist ein Mindestabstand von 2 m zu wahren. Dies gilt nicht für Angehörige eines gemeinsamen Hausstandes.

– Der von den Veranstaltern geplanten „Kinderbereich“ darf nur insoweit betrieben werden, als die Vorgaben zu Maskenpflicht und Mindestabstand eingehalten werden.

– Bei der Nutzung der Toilettenanlagen und in dem zugehörigen Anstellbereich sind Maskenpflicht und Mindestabstand sicherzustellen.

– Die Veranstalter muss für jeden angefangene 20 Teilnehmer eine/einen Ordner/Ordnerin stellen, die als solche erkennbar sind und die Anweisungen des Versammlungsleiters ausführen würden.

– Die Teilnehmerzahl wird auf maximal 3.400 Personen beschränkt.

Gegen diese Beschränkungen wandte sich der Versammlungsleiter und stellte beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Sein Antrag ging am heutigen Freitag, den 7. Mai 2021, mittels Briefpost beim Verwaltungsgericht ein. Eine zustellungsfähige Anschrift für eine kurzfristige Übermittlung der schriftlichen Entscheidung per Telefax benannte der Antragsteller dem Gericht – auch auf telefonische Nachfrage – nicht. Die schriftliche Beschlussfassung wird dem Antragsteller deshalb rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn persönlich durch die Polizei gegen Zustellungsnachweis ausgehändigt.

Mit seinem Antrag strebt der Antragsteller folgende Änderungen der oben genannten versammlungsrechtlichen Beschränkungen an:

– Es soll die Erlaubnis zum Absetzen der Maske zum Trinken, Essen und Rauchen erteilt werden.

– Auf die Vorgabe eines Mindestabstands soll generell verzichtet werden.

– In einem speziell ausgewiesenen „Kinderbereich“ soll auf die Masken- und Abstandspflicht verzichtet werden. Auch im Anstellbereich der Toiletten soll auf einen Mindestabstand verzichtet werden.

– Die vorgeschriebene Zahl der vom Veranstalter zu stellenden Ordner sei auf ein Verhältnis von einem Ordner zu 50 Teilnehmern zu reduzieren. Es sei völlig ausreichend, wenn er 70 Ordner zur Verfügung stelle.

– Der Aufenthalt von Polizeibeamten auf der Versammlungsfläche sei zu verbieten.

Zur Begründung führte der Antragsteller im Wesentlichen aus:

Bei einer Dauer von fünf Stunden, Temperaturen um 20° Celsius sowie Sonnenschein stelle es eine vorsätzliche Körperverletzung dar, Menschen das Trinken, Essen und Rauchen zu verbieten. Der Mindestabstand von 2 m sei reine Schikane und Willkür. Da die Mund-Nasen-Bedeckung dritte Personen schütze, sei es nicht notwendig Abstand zu halten. Insbesondere seien Kinder wesentlich weniger ansteckend als Erwachsene. Den Kindern müsse die Möglichkeit gegeben werden, ihrem Unmut kund zu tun. Dabei sei es nicht möglich einen Mindestabstand zwischen den Kindern sicherzustellen. Außerdem sei es schikanös, 170 Ordner für die Versammlung zu verlangen. Es sei darüber hinaus nicht deeskalierend, wenn sich mehrere hundert Polizeibeamte auf der Versammlungsfläche befinden würden.

Das Gericht folgte der Argumentation des Antragstellers nicht, sondern lehnte seinen Antrag insgesamt ab:

Soweit der Antragsteller ein Verbot von Polizeibeamten auf der Versammlungsfläche fordert, sei der Antrag schon unzulässig. Der in der Hauptsache angegriffene Bescheid enthalte keine Verfügung, die sich auf einen Polizeieinsatz bei der Versammlung beziehe.

Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Die angegriffenen versammlungsrechtlichen Beschränkungen seien rechtmäßig. Schon aufgrund der wenigen Zeit, die dem Gericht zur Verfügung gestanden habe, sei lediglich eine summarische Prüfung möglich, aber auch nur geboten gewesen.

Rechtsgrundlage der Beschränkungen sei Art. 15 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG). Nach dieser Vorschrift könne die zuständige Behörde Versammlungen beschränken oder verbieten, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung erkennbar gefährdet sei.

Bei der geplanten Veranstaltung handele es sich um eine ortsfeste Versammlung unter freiem Himmel, die vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit grundgesetzlich geschützt sei. Die von der Stadt Schweinfurt erlassenen Beschränkungen würden dieses Grundrecht jedoch nicht verletzten. Vielmehr seien sie zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 gerechtfertigt. Die hohen Anforderungen, die an einen Eingriff in das Recht auf Versammlungsfreiheit zu stellen sind, seien erfüllt.

Der Gesetzgeber habe mit § 28a Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) selbst die Wertung vorgenommen, dass Beschränkungen bei Versammlungen grundsätzlich geeignet seien, Gefahren für die Gesundheit und das Leben durch COVID-19 sowie einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken.

Es liege eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor. Die Gefahrenprognose der Stadt Schweinfurt sei nicht zu beanstanden. Es sei nachvollziehbar, dass die Stadt Schweinfurt aufgrund der aktuell besonders hohen Infektionslage in ihrem Stadtgebiet – die Inzidenzzahl liegt bei ca. 300 – bei einer Versammlung in dieser Größenordnung von einer hohen Gefahrenlage ausgehe.

Bei einer Teilnehmerzahl von 3.400 sei insbesondere die Anordnung eines Mindestabstands von 2 m nicht zu beanstanden. Es entspräche der gesetzlichen Wertung, dass erst Maskenpflicht und Mindestabstand zusammengenommen für den erforderlichen Schutz vor Infektionen sorgen würden. Dies beziehe sich ausdrücklich auch auf den vom Antragsteller geplanten „Kinderbereich“ und das Anstellen bei der Toilettennutzung. Es lägen keinen belastbaren Erkenntnis dazu vor, dass Kinder generell weniger ansteckend seien als Erwachsene. Erst im März 2021 sei die Zahl der infizierten Kinder und Jugendlichen besonders stark angestiegen.

Bei der Zahl der von den Veranstaltern zu stellenden Ordnern sei zu berücksichtigen, dass diese für die Einhaltung und Durchsetzung der Maskenpflicht und des Mindestabstands verantwortlich seien. Der damit verbundene Überwachungsaufwand rechtfertige die Einschätzung, dass je 20 Teilnehmer ein Ordner erforderlich sei.

Insgesamt seien die seitens der Stadt Schweinfurt angeordneten Beschränkungen zum Schutz von Gesundheit und Leben geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Es werde ein angemessener Ausgleich zwischen Gesundheitsschutz und Versammlungsfreiheit gewahrt.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zulässig.