Kein Arbeitsunfall auf Oktoberfest

01. Oktober 2018 -

Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 1. Oktober 2018 zum Aktenzeichen S 115 U 309/17 entschieden, dass der Besuch des Münchner Oktoberfestes im Kollegenkreis nur unter engen Voraussetzungen eine betriebliche Veranstaltung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellt. Im vorliegenden Fall war der verunfallte Mann, der sich auf dem Heimweg von einem Brauereinachmittag schwer verletzt hatte, nicht unfallversichert.

Zum Fall: Der 1958 geborene, aus Berlin stammende verunfallte Mann war von seiner Firma als Monteur bei einer Brauerei in München eingesetzt. Wie jedes Jahr veranstaltete diese Brauerei auch im September 2016 in ihrem Festzelt auf dem Oktoberfest einen Brauereinachmittag. Eingeladen waren sowohl die Mitarbeiter der Brauerei als auch die bei ihr tätigen Beschäftigten anderer Unternehmen. Der verunfallte Mann nahm mit sieben weiteren Kollegen seiner Firma an der Veranstaltung teil. Auf dem Heimweg gegen 22 Uhr prallte er in alkoholisiertem Zustand gegen einen Strommast und brach sich einen Halswirbel. Seinen Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls lehnte die beklagte Berufsgenossenschaft Holz und Metall ab.

Hiergegen hat der anwaltlich vertretene verunfallte Mann im Juli 2017 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Er trägt vor, dass der Besuch des Oktoberfestes in engem Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit gestanden habe. Der Brauereinachmittag sei ein wichtiges branchenspezifisches Ereignis. Dessen Besuch habe der Beziehungspflege zwischen seiner Firma und der Brauerei als einer der wichtigsten Kundinnen gedient. Die Veranstaltung habe zugleich auch die innerbetriebliche Verbundenheit unter den Kollegen seiner Firma gefördert. Die Teilnahme sei von seinem Arbeitgeber gebilligt worden und teilweise noch während der vergüteten Arbeitszeit erfolgt.

Die Richter sind der Auffassung, dass die Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall voraussetzt, dass sich der Unfall auf dem Weg zu oder von einer versicherten Tätigkeit ereignet hat. Zwar könne auch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, etwa ein Betriebsausflug, einer versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Erforderlich hierfür sei aber, dass es der Arbeitgeber sei, der die Veranstaltung durchführe oder durchführen lasse, und dass die Teilnahme aller Angehörigen des Betriebs oder zumindest einer Abteilung erwünscht sei, um so die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. An einem betrieblichen Zusammenhang fehle es indessen, wenn Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund stünden.

Hieran gemessen sei der Brauereinachmittag keine betriebliche Veranstaltung gewesen. Die Veranstaltung sei nicht durch die Firma des verunfallte Manns, sondern durch die Brauerei, also eine Kundin, durchgeführt worden. Auch die Teilnehmer seien ganz überwiegend keine Angehörigen des Betriebs des verunfallten Mannes gewesen, was dem Gemeinschaftscharakter einer Betriebsveranstaltung widersprechen würde. Die Anwesenheit des verunfallten Mannes auf dem Fest sei vom Arbeitgeber zwar gebilligt worden, eine Teilnahme sei ihm jedoch freigestellt gewesen. Ein Vertreter der Unternehmensleitung sei nicht anwesend gewesen, Kosten für Speisen und Getränke seien von der Firma nicht übernommen worden. Dass das Treffen der allgemeinen Bildung eines Netzwerkes und der Kommunikation gedient habe, sei nicht ausreichend, um die betrieblichen Interessen in den Vordergrund zu rücken. Es habe sich eher um ein „Incentive-Event“ bzw. eine Motivationsveranstaltung gehandelt.

Zusammengefasst habe kein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des verunfallten Mannes und seiner Teilnahme an dem Brauereinachmittag bestanden.

Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie gegen die Berufsgenossenschaft bei Arbeitsunfällen.