Kita geschlossen – Welche Rechte haben berufstätige Eltern bei Streik, Grippewelle oder Personalmangel?

04. Mai 2025 -

Ein plötzlicher Kita-Ausfall bringt viele Eltern in eine Zwangslage

Ob aufgrund von Personalmangel, Streikmaßnahmen, Krankheitswellen oder behördlichen Anordnungen: Wenn Kindertagesstätten kurzfristig schließen oder die Betreuung stark eingeschränkt ist, stehen berufstätige Eltern schnell vor einem großen Problem. Wer betreut das Kind – und darf man deswegen einfach der Arbeit fernbleiben, ohne Konsequenzen zu befürchten?

Der folgende Rechtstipp beleuchtet die arbeitsrechtliche Lage für Eltern, wenn die Kita schließt, und erklärt, wie lange Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in solchen Fällen bezahlt zu Hause bleiben dürfen – und wann sie selbst aktiv werden müssen.


Grundsatz: Eltern müssen für Betreuung sorgen – aber es gibt Ausnahmen

Rechtlich gesehen sind Eltern grundsätzlich dafür verantwortlich, die Betreuung ihres Kindes sicherzustellen. Fällt die übliche Betreuung – etwa durch die Kita – plötzlich weg, liegt dieses sogenannte „Betreuungsrisiko“ zunächst beim Arbeitnehmer.

Das bedeutet: Können Eltern aufgrund einer kurzfristigen Kita-Schließung nicht zur Arbeit erscheinen, droht grundsätzlich ein Entfall des Vergütungsanspruchs, weil sie ihre Arbeitsleistung nicht erbringen.

Allerdings gibt es wichtige gesetzliche Ausnahmen, auf die sich Eltern berufen können.


§ 616 BGB: Bezahlte Freistellung bei „verhältnismäßig nicht erheblicher Zeit“

Nach § 616 BGB behalten Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Lohnzahlung, wenn sie ohne eigenes Verschulden aus persönlichen Gründen für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ an der Arbeit gehindert sind.

Klassischer Anwendungsfall: Die plötzliche, kurzfristige Schließung der Kita, wenn keine anderweitige Betreuung organisiert werden kann.

Wichtig: Diese Regelung gilt nur dann, wenn sie im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung nicht ausgeschlossen wurde – was heutzutage in vielen Fällen der Fall ist.

Wie lange ist eine „nicht erhebliche Zeit“?

Die Rechtsprechung geht hier in der Regel von 1 bis 5 Tagen aus – je nach Einzelfall, Dauer des Ausfalls und Zumutbarkeit der Organisation einer Ersatzbetreuung.


Anspruch auf Freistellung zur Betreuung nach § 45 SGB V – aber ohne Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber

Wenn ein Kind krank ist, greift eine andere Regelung: § 45 SGB V gewährt gesetzlich krankenversicherten Eltern einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung zur Pflege eines erkrankten Kindes. Die Krankenkasse zahlt in diesem Fall Kinderkrankengeld.

Diese Regelung hilft allerdings nicht, wenn das Kind gesund ist, aber die Kita z. B. wegen Streik oder Krankheit des Personals schließt. In diesem Fall besteht kein Anspruch auf Kinderkrankengeld – es sei denn, die Schließung erfolgt aufgrund einer behördlich angeordneten Maßnahme (z. B. Quarantäne).


§ 56 Abs. 1a IfSG: Entschädigung bei behördlich angeordneter Schließung

Wird eine Kita behördlich geschlossen, etwa im Rahmen von Infektionsschutzmaßnahmen (z. B. bei Corona), besteht nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz (IfSG) unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 67 % des Verdienstausfalls – allerdings begrenzt auf 10 Wochen pro Elternteil, bei Alleinerziehenden 20 Wochen.

Voraussetzung: Es gibt keine andere zumutbare Betreuungsmöglichkeit und das Kind ist unter 12 Jahre alt oder behindert und auf Hilfe angewiesen.


Was können Eltern tun? – Praktische Handlungsmöglichkeiten

Wenn die Kita schließt, sollten berufstätige Eltern unverzüglich handeln, um arbeitsrechtliche Nachteile zu vermeiden:

  • Arbeitgeber umgehend informieren und transparent die Situation schildern.

  • Nachweis der Schließung vorlegen (z. B. durch offizielles Schreiben der Kita).

  • Urlaub oder Überstundenabbau beantragen, wenn keine bezahlte Freistellung möglich ist.

  • Homeoffice vereinbaren, sofern im jeweiligen Tätigkeitsfeld realisierbar.

  • Bei wiederholter oder längerfristiger Schließung: Anspruch auf unbezahlte Freistellung prüfen.


Fazit: Kurzfristige Hilfe ja – aber kein Daueranspruch

Eltern haben in bestimmten Notfällen das Recht, bei geschlossener Kita kurzfristig zu Hause zu bleiben – im besten Fall sogar unter Fortzahlung des Gehalts. Längerfristige Betreuungsprobleme müssen jedoch eigenverantwortlich gelöst werden. Es empfiehlt sich, bereits im Vorfeld mögliche Alternativen wie Großeltern, Babysitter oder Notbetreuung zu organisieren.

Tipp vom Fachanwalt für Arbeitsrecht: Prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag genau – denn viele Verträge schließen den Anspruch aus § 616 BGB ausdrücklich aus. Im Zweifel kann ein Beratungsgespräch mit einem spezialisierten Anwalt helfen, Ihre Rechte geltend zu machen und Konflikte mit dem Arbeitgeber zu vermeiden.


FAQ: Kita geschlossen – häufige Fragen von Eltern

Muss ich Urlaub nehmen, wenn die Kita schließt?
Nicht zwingend – es kann eine bezahlte Freistellung nach § 616 BGB möglich sein, sofern vertraglich nicht ausgeschlossen. Ist dies nicht der Fall, kann Urlaub jedoch eine praktikable Lösung sein.

Darf mich mein Arbeitgeber abmahnen, wenn ich wegen der Kita-Schließung zu Hause bleibe?
Nur dann, wenn Sie Ihre Abwesenheit nicht rechtzeitig mitteilen oder unentschuldigt fehlen. Eine offene Kommunikation mit Nachweis der Situation schützt vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Wie oft darf ich bezahlte Freistellung nach § 616 BGB in Anspruch nehmen?
Nur in Ausnahmefällen und für kurze Zeit – es ist kein wiederholbarer Daueranspruch. Häufige oder planbare Ausfälle fallen nicht mehr unter die „nicht erhebliche Zeit“.


Sie benötigen arbeitsrechtliche Unterstützung, weil Ihre Kita wiederholt schließt oder Ihr Arbeitgeber Druck ausübt?

📞 Kontaktieren Sie die Kölner Kanzlei für Kündigungsschutz JURA.CC – Dr. jur. Jens Usebach LL.M. berät Sie kompetent zu Ihren Elternrechten im Arbeitsverhältnis.