Kündigungsschutz für Schwangere auch vor Arbeitsaufnahme

28. Juli 2020 -

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.2.2020 zum Aktenzeichen 2 AZR 498/19 entschieden, dass das Kündigungsverbot gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme gilt.

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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der Beklagte, der in der Regel nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, schloss mit der Klägerin am 9./14. Dezember 2017 einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte. Nach dessen § 1 Nr. 1 sollte „das Arbeitsverhältnis“ am 1. Februar 2018 beginnen. § 1 Nr. 2 bestimmte, dass der Vertrag unbefristet geschlossen sei bei einer Probezeit von sechs Monaten. Während dieser sollte das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden können. Gemäß § 13 sollte die Klägerin im Falle einer schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit eine Vertragsstrafe zahlen. Nach § 18 Nr. 2 des Vertrags war sie verpflichtet, bereits in der Zeit vom 27. bis zum 29. Dezember 2017 für eine tägliche Arbeitszeit von mindestens fünf Stunden auf Abruf zur Verfügung zu stehen.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2018 informierte die Klägerin den Beklagten darüber, dass bei ihr eine Schwangerschaft festgestellt und aufgrund einer chronischen Vorerkrankung „mit sofortiger Wirkung ein komplettes Beschäftigungsverbot“ attestiert worden sei. Der Beklagte kündigte „das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis“ mit Schreiben vom 30. Januar 2018 zum 14. Februar 2018.

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Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Kündigung vom 30. Januar 2018 gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG iVm. § 134 BGB nichtig ist.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt oder sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt worden ist. § 17 Abs. 2 Satz 1 MuSchG bestimmt, dass die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestellte Stelle in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand der Frau in der Schwangerschaft im Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären kann. § 17 Abs. 1 MuSchG enthält ein gesetzliches Verbot iSd. § 134 BGB. Eine Kündigung unter Verstoß gegen dieses Verbot ist gem. § 134 BGB nichtig (zu § 9 MuSchG aF zuletzt BAG 26. März 2015 – 2 AZR 237/14 – Rn. 10, BAGE 151, 189).

Das Kündigungsverbot gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG gilt auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme (ebenso BeckOK ArbR/Dahm Stand 1. Dezember 2019 MuSchG § 17 Rn. 6; Roos/Bieresborn/Betz MuSchG/BEEG 2. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 13; Just in Tillmanns/Mutschler MuSchG/BEEG 2. Aufl. § 17 MuSchG Rn. 9; Hk-MuSchG/BEEG/Schöllmann 5. Aufl. MuSchG § 17 Rn. 14; Küttner/Poeche Personalbuch 2019 Mutterschutz Rn. 41; zu § 9 Abs. 1 MuSchG aF: Buchner/Becker MuSchG/BEEG 8. Aufl. § 9 MuSchG Rn. 2; LAG Düsseldorf 30. September 1992 – 11 Sa 1049/92 -; zum Anwendungsbereich gem. § 1 Nr. 1 MuSchG aF vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 30. September 2016 – 9 Sa 917/16 – zu B I 1 der Gründe; aA APS/Linck 5. Aufl. BGB § 622 Rn. 55; KR/Spilger 12. Aufl. § 622 BGB Rn. 151). Dies ergibt die Auslegung von § 17 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG.

Der Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig. § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG normiert ein Kündigungsverbot ua. gegenüber (werdenden) Müttern ohne nähere Bestimmung, welche Rechtsverhältnisse oder diesen zugrunde liegenden Verträge davon erfasst sind. Dafür ist auf den persönlichen Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes abzustellen. Dieser ist in § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 neu gefasst worden. Danach gilt das Gesetz für Frauen „in einer Beschäftigung iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV“ sowie ferner gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 MuSchG, „unabhängig davon, ob ein solches Beschäftigungsverhältnis vorliegt“, für Frauen in weiteren, im Streitfall nicht einschlägigen Tätigkeitsformen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Satz 2 der Vorschrift nennt als Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Dies lässt auch eine Lesart zu, wonach die Geltung des Mutterschutzgesetzes und damit des Kündigungsverbots in § 17 Abs. 1 MuSchG voraussetzt, dass eine Beschäftigung bereits in Vollzug gesetzt, die Tätigkeit also bereits aufgenommen ist.

Schon die Gesetzessystematik legt dagegen ein Verständnis nahe, wonach es nur auf das Bestehen eines auf eine Beschäftigung iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV gerichteten Rechtsverhältnisses ankommt. Dies zeigt die synonyme Verwendung der Begriffe „Beschäftigung“ in § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG und „ein solches Beschäftigungsverhältnis“ in Satz 2 der Bestimmung. Erfasst ist damit insbesondere ein Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Ein solches entsteht bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags (Schaub ArbR-HdB/Linck 18. Aufl. § 29 Rn. 8). Dies gilt selbst dann, wenn die Tätigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen werden soll. Auch in diesem Fall werden bereits mit dem Vertragsabschluss wechselseitige Verpflichtungen begründet. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die vereinbarte Tätigkeit ab dem vereinbarten Zeitpunkt zu erbringen, der Arbeitgeber, ihn ab diesem Zeitpunkt zu beschäftigen und vertragsgemäß zu vergüten. Auch Nebenpflichten wie die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gegenpartei gem. § 241 Abs. 2 BGB entstehen bereits mit Vertragsabschluss. Dem steht nicht entgegen, dass im arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch für den Beginn des Arbeitsverhältnisses ggf. auch erst auf den vereinbarten Einstellungszeitpunkt bzw. den vereinbarten Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme abgestellt wird (für den Beginn der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 2 AZR 1057/12 – Rn. 30 f., BAGE 146, 257). Das zutreffende Verständnis des Merkmals „Arbeitsverhältnis“ ist vom jeweiligen Regelungszweck abhängig. Das ändert jedoch nichts daran, dass zwischen dem Abschluss des Arbeitsvertrags als grundsätzlich maßgeblichem Zeitpunkt für den Beginn eines Arbeitsverhältnisses und dem möglicherweise davon abweichenden Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme zu unterscheiden ist. Auch die zwischen einem Dienstverhältnis und einem „angetretenen Dienstverhältnis“ differenzierenden Ausführungen in der Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Februar 2017 (- 6 AZR 665/15 – Rn. 30, BAGE 158, 214) bestätigen entgegen der Auffassung der Revision, dass ein Dienstverhältnis bereits dann bestehen kann, wenn es noch nicht angetreten ist.

Jedenfalls nach dem Normzweck des Kündigungsverbots in § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ist für dessen Eingreifen die Bekanntgabe einer bestehenden Schwangerschaft nach Abschluss des Arbeitsvertrags ausreichend. Die Aufnahme der vereinbarten Tätigkeit ist hierfür nicht erforderlich.

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Das Kündigungsverbot soll die (werdende) Mutter temporär vor dem Verlust des Arbeitsplatzes schützen. Hierdurch werden der Bestand des Arbeitsverhältnisses während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gewährleistet (Hk-MuSchG/BEEG/Schöllmann 5. Aufl. MuSchG § 17 Rn. 1a). Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG setzt Art. 10 der Richtlinie 92/85/EWG (Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG, ABl. L 348 vom 28. November 1992 S. 1) um (vgl. BT-Drs. 18/8963 S. 87; BeckOK ArbR/Dahm Stand 1. Dezember 2019 § 17 MuSchG Rn. 1; ErfK/Schlachter 20. Aufl. MuSchG § 17 Rn. 1). Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Kündigungen von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs zu verbieten. Eine Kündigung kann sich schädlich auf die physische und psychische Verfassung von Schwangeren, Wöchnerinnen oder stillenden Arbeitnehmerinnen auswirken, eine Schwangere kann durch den sonst drohenden Arbeitsplatzverlust sogar zum baldigen Abbruch ihrer Schwangerschaft veranlasst werden (EuGH 22. Februar 2018 – C-103/16 – [Porras Guisado] Rn. 45 f. und 61 f.). Die Arbeitnehmerin und mittelbar das Kind sollen nicht durch wirtschaftliche Existenzängste belastet (vgl. auch §§ 18 ff. MuSchG), seelische Zusatzbelastungen durch einen Kündigungsschutzprozess vermieden werden (vgl. BAG 26. April 1956 – GS 1/56 – zu I 4 der Gründe, BAGE 3, 66; BeckOK ArbR/Dahm aaO; ErfK/Schlachter aaO).

Der demnach mit dem Kündigungsverbot bezweckte Gesundheits- und Existenzsicherungsschutz ist nur dann gewährleistet, wenn die Kündigung eines Arbeitsvertrags unabhängig davon unzulässig ist, ob die Tätigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen werden soll. Ein rechtlich geschütztes Bedürfnis, das die wirtschaftliche Existenz sichernde Arbeitsverhältnis zu erhalten, besteht auch bei einer vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme bekannt gegebenen Schwangerschaft. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die beabsichtigte Tätigkeitsaufnahme innerhalb der Schutzzeiten liegt. Auch die psychischen Belastungen der schwangeren Arbeitnehmerin sind keine anderen, wenn das Arbeitsverhältnis, das anderenfalls während ihrer Schwangerschaft fortbestünde, bereits vor der in Aussicht genommenen Tätigkeitsaufnahme gekündigt werden könnte.

Dieses Verständnis des Normzwecks von § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG liegt auch nicht außerhalb der in § 1 Abs. 1 MuSchG generell formulierten Zwecke des Mutterschutzgesetzes. Das Gesetz schützt nicht nur die Gesundheit der (werdenden) Mutter und ihres Kindes „am Arbeitsplatz“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 MuSchG), sondern soll es der Frau gem. Satz 2 der Bestimmung auch ermöglichen, ihre Beschäftigung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung fortzusetzen, sowie Benachteiligungen während dieser Zeit entgegenwirken. Dazu dient insbesondere auch das Kündigungsverbot (BT-Drs. 18/8963, S. 48). Damit eine Beschäftigung während der Schwangerschaft fortgesetzt werden kann, ist es erforderlich, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch bereits vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme ausgeschlossen ist. Dass mit „Beschäftigung“ auch insoweit nicht lediglich eine tatsächliche Ausübung der Tätigkeit, sondern das zugrunde liegende Beschäftigungsverhältnis gemeint ist, ergibt sich schon daraus, dass das Mutterschutzgesetz mit den Leistungen nach §§ 18 ff. MuSchG gerade auch für Zeiten eines Beschäftigungsverbots eine wirtschaftliche Absicherung der Frau sicherstellen soll.

Ob das Kündigungsverbot des § 17 Abs. 1 MuSchG selbst dann Anwendung findet, wenn die Kündigung einen Arbeitsvertrag betrifft, nach welchem der Dienstantritt zu einem Zeitpunkt erfolgen soll, zu dem die Schutzzeiten schon wieder abgelaufen sein werden, bedarf hier keiner Entscheidung. Dafür dürfte sprechen, dass eine psychische Belastung auch daraus erwachsen kann, dass keine wirtschaftliche Absicherung für die Zeit nach Ablauf der Schutzfristen besteht. Der Arbeitgeber wiederum könnte nach Ablauf der Schutzfristen ohnehin ohne die Beschränkung des § 17 Abs. 1 MuSchG kündigen.

Die Entstehungsgeschichte von § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG stützt das Verständnis, das Kündigungsverbot des § 17 Abs. 1 MuSchG greife grundsätzlich bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags.

In der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung bestimmte § 1 Nr. 1 MuSchG den persönlichen Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes noch dahingehend, das Gesetz gelte „für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen“. Ein solches wird aus den vorgenannten Gründen bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags begründet, selbst wenn die Tätigkeitsaufnahme erst für einen späteren Zeitpunkt vereinbart ist (Rn. 12).

Durch die mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 in § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG geregelte Bezugnahme auf den Beschäftigtenbegriff iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV sollte der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes nicht etwa beschränkt, sondern lediglich um Formen der Beschäftigung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erweitert werden (BT-Drs. 18/8963 S. 49). Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Anwendungsbereich auf die Zeit erst ab dem Beginn der tatsächlichen Tätigkeitsaufnahme begrenzt werden sollte, ist nicht ersichtlich. Beabsichtigt war vielmehr ausschließlich, die Anwendbarkeit des Gesetzes auf Rechtsverhältnisse auch außerhalb von Arbeitsverhältnissen zu erstrecken.

Dem Auslegungsergebnis lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht die Senatsentscheidung vom 17. Mai 1962 (- 2 AZR 354/60 -) entgegenhalten. Nach dieser fand das Kündigungsverbot des § 9 Abs. 1 MuSchG aF auf eine von den Arbeitsvertragsparteien vereinbarte, an einen sachlichen Grund geknüpfte auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses keine Anwendung (BAG 17. Mai 1962 – 2 AZR 354/60 – zu II der Gründe). Eine Anwendbarkeit des Kündigungsverbots des § 17 Abs. 1 MuSchG auf Kündigungen bereits vor der Tätigkeitsaufnahme betrifft nicht die Wirksamkeit einer auflösenden Bedingung. Entsprechendes gilt für die Entscheidung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Oktober 1991 (- 7 AZR 56/91 -), wonach eine Nichtverlängerungsmitteilung nicht vom Kündigungsverbot des § 9 Abs. 1 MuSchG aF erfasst war (BAG 23. Oktober 1991 – 7 AZR 56/91 – zu II 4 a der Gründe, BAGE 69, 1). Soweit in der Entscheidung ausgeführt ist, aus dem wirtschaftlichen Schutzzweck des Kündigungsverbots lasse sich keine Pflicht zum Abschluss neuer (Anschluss-)Verträge ableiten, wird der beabsichtigte Schutz lediglich als auf den Erhalt eines bestehenden Arbeitsverhältnisses beschränkt verstanden. Insofern besteht das Ziel des Kündigungsverbots aber auch nach Auffassung des Siebten Senats in einer effektiven Absicherung der im Mutterschutzgesetz gewährleisteten wirtschaftlichen Rechte (BAG 23. Oktober 1991 – 7 AZR 56/91 – zu II 4 b der Gründe, aaO).

Zwar kann es Fälle geben, in denen ein absoluter Kündigungsschutz auch bei Würdigung der Schutzbedürftigkeit der (werdenden) Mutter eine übermäßige Beeinträchtigung der Interessen der betroffenen Arbeitgeber darstellen würde (BVerfG 13. November 1979 – 1 BvL 24/77, 1 BvL 19/78, 1 BvL 38/79 – zu C I der Gründe, BVerfGE 52, 357). Die Ausgestaltung des Kündigungsverbots in § 17 Abs. 1 MuSchG vermeidet aber deren übermäßige Belastung.

Soweit sie aufgrund des Kündigungsverbots an das Arbeitsverhältnis mit der (werdenden) Mutter gebunden bleiben, gilt dies zum einen nur zeitlich begrenzt, zum anderen besteht bei außergewöhnlichen Umständen die Möglichkeit einer Zulässigerklärung der Kündigung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 MuSchG.

Die Kosten für Zeiten von Beschäftigungsverboten gem. §§ 18, 20 MuSchG müssen die Arbeitgeber nicht allein tragen. Es gilt vielmehr das Umlageverfahren gem. § 1 Abs. 2, § 7 AAG (Umlage U2). Nach § 1 Abs. 2 AAG werden Leistungen gem. §§ 18, 20 MuSchG vollständig von den Krankenkassen erstattet. Die Arbeitgeber müssen nach § 7 AAG lediglich ihren Anteil zur Umlage erbringen.

Anders als die Revision meint, besteht auch keine Gefahr, dass ein bisheriger Kleinbetrieb allein durch die Einstellung einer Ersatzkraft für eine (werdende) Mutter während eines Beschäftigungsverbots in den Anwendungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes gelangt. Die für § 23 Abs. 1 KSchG maßgebliche Betriebsgröße bestimmt sich vielmehr nach der für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnenden Belegschaftsstärke (BAG 24. Januar 2013 – 2 AZR 140/12 – Rn. 11, 24, BAGE 144, 222; 8. Oktober 2009 – 2 AZR 654/08 – Rn. 15), ein zeitweilig abwesender Arbeitnehmer und die für diesen beschäftigte Ersatzkraft zählen daher nicht doppelt.

Der Umstand, dass das Kündigungsverbot bereits ab dem Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses gilt, stellt ebenfalls keine übermäßige Belastung der Arbeitgeber dar. Die Folgen sind nicht weiter reichend als wenn der Arbeitgeber am ersten Tag der Tätigkeitsaufnahme von der Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin erfährt.

Danach war die Kündigung des Beklagten vom 30. Januar 2018 gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG iVm. § 134 BGB nichtig. Es kann daher dahinstehen, ob sie außerdem nach § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 134 BGB nichtig wäre (vgl. dazu BAG 26. März 2015 – 2 AZR 237/14 – Rn. 32 bis 36, BAGE 151, 189).

Die Parteien hatten im Dezember 2017 einen „Arbeitsvertrag“ über die Begründung eines „Arbeitsverhältnisses“ zur Beschäftigung der Klägerin als Rechtsanwaltsfachangestellte geschlossen. Gegenstand des Vertrags war damit eine Beschäftigung in nichtselbständiger Arbeit iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Zwar sollte nach § 1 Nr. 1 des Vertrags „das Arbeitsverhältnis“ erst am 1. Februar 2018 beginnen. Wie sich aus den übrigen vertraglichen Regelungen ergibt, betraf dies aber allein den Zeitpunkt, ab dem die wechselseitigen Hauptleistungspflichten ausgetauscht werden sollten, also die Tätigkeit der Klägerin als Rechtsanwaltsfachangestellte mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich (§§ 2, 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrags) gegen die in § 4 des Arbeitsvertrags vereinbarte Vergütung. Die Verpflichtung zur Erbringung der Hauptleistungen, wenn auch erst ab dem 1. Februar 2018, wurde indes auch im Streitfall bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags begründet. Dies zeigt sich auch an seinem § 13, wonach sich die Klägerin verpflichtete, im Falle einer schuldhaften Nichtaufnahme der Tätigkeit eine Vertragsstrafe zu zahlen. Hinzu kommt, dass die Parteien in § 18 Nr. 2 des Arbeitsvertrags eine auf einen Zeitraum bereits vor dem 1. Februar 2018 bezogene weitere Verpflichtung der Klägerin begründeten. Die Klägerin sollte demnach bereits in der Zeit vom 27. bis 29. Dezember 2017 für eine tägliche Arbeitszeit von mindestens fünf Stunden auf Abruf zur Verfügung zu stehen.

Auch die übrigen Voraussetzungen für das Kündigungsverbot des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG sind erfüllt. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Kündigung schwanger. Davon hatte der Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung Kenntnis. Eine Zulässigerklärung der Kündigung gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 MuSchG lag nicht vor.