Resturlaub ins neue Jahr übertragen – hier wird der Irrtum aufgeklärt

07. April 2025 -

Viele Beschäftigte gehen davon aus, dass nicht genommener Urlaub zum Jahresende automatisch verfällt. Doch dieser Glaube ist so pauschal nicht richtig. Tatsächlich kann der Anspruch auf Resturlaub deutlich länger bestehen bleiben, als es allgemein angenommen wird. Fachleute aus dem Arbeitsrecht erklären, worauf Arbeitnehmer achten sollten – und welche Pflichten Arbeitgeber erfüllen müssen, damit der Anspruch tatsächlich erlischt.

Erholungsurlaub: Gesetzlicher Anspruch besteht jährlich – aber nicht immer ist der Verbrauch rechtzeitig möglich

Gemäß § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) steht jedem Arbeitnehmer ein gesetzlich verankerter Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu. Dieser Urlaub soll im laufenden Kalenderjahr genommen werden – so die Grundregel. Doch im hektischen Berufsalltag lässt sich das nicht immer umsetzen: Projekte, Krankheitsfälle oder betriebliche Anforderungen führen häufig dazu, dass nicht alle Urlaubstage rechtzeitig genutzt werden. Die Folge: Es entsteht sogenannter Resturlaub.

Verfall des Resturlaubs? Nur wenn der Arbeitgeber seine Pflicht erfüllt

Der arbeitsrechtliche Grundsatz besagt zwar, dass nicht genommener Urlaub am Ende des Kalenderjahres verfällt. Doch greift diese Regelung nicht automatisch. Vielmehr ist der Arbeitgeber in der Pflicht, seinen Beschäftigten klar und nachvollziehbar mitzuteilen, wie viele Urlaubstage noch offen sind – und bis wann diese genutzt werden müssen.

Dabei muss die Information rechtzeitig erfolgen, damit es dem Arbeitnehmer überhaupt möglich ist, den Urlaub noch zu nehmen. Kommt der Arbeitgeber dieser sogenannten „Mitwirkungsobliegenheit“ nicht nach, bleibt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch bestehen – unter Umständen sogar über mehrere Jahre hinweg.

Neue Rechtsprechung stärkt die Rechte von Arbeitnehmern

Die aktuelle Rechtslage hat sich durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) weiter zugunsten der Arbeitnehmer entwickelt. Urlaubsansprüche verfallen nicht mehr automatisch nach drei Jahren – sofern der Arbeitgeber zuvor nicht ordnungsgemäß über den Anspruch und den drohenden Verfall informiert hat.

Konkret berufen sich Juristen auf die EuGH-Urteile vom 6. November 2018 (Az. C-619/16 und C-684/16) sowie das Urteil des BAG vom 19. Februar 2019 (Az. 9 AZR 541/15). Diese Entscheidungen stellen klar: Eine Verjährung des Urlaubs tritt nur ein, wenn der Arbeitgeber seinen Informationspflichten vollumfänglich nachgekommen ist.

Übertragung von Resturlaub ins Folgejahr – in bestimmten Fällen möglich

In vielen Arbeitsverträgen ist geregelt, dass Resturlaub unter bestimmten Bedingungen ins nächste Kalenderjahr übertragen werden kann. Diese Möglichkeit besteht vor allem dann, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen Gründen oder aus persönlichen Umständen – wie Krankheit oder familiären Verpflichtungen – nicht rechtzeitig genommen werden konnte.

Doch auch hier gilt: Der übertragene Urlaub muss in der Regel innerhalb der ersten drei Monate des neuen Jahres, also bis zum 31. März, in Anspruch genommen werden. Andernfalls droht auch hier der Verfall – es sei denn, es liegen besondere Ausnahmefälle vor.

Sonderregelungen: Wann Resturlaub länger erhalten bleibt

Es gibt Situationen, in denen Resturlaub deutlich länger gültig bleibt:

  1. Langzeiterkrankung: Wenn ein Arbeitnehmer wegen Krankheit längere Zeit arbeitsunfähig war und deshalb seinen Urlaub nicht nehmen konnte, verlängert sich die Frist zur Inanspruchnahme. In diesen Fällen bleibt der Urlaubsanspruch bis zu 15 Monate nach Ablauf des ursprünglichen Urlaubsjahres bestehen. Erst danach verfällt er – und auch nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit während des gesamten Zeitraums bestand. Diese Regelung soll verhindern, dass erkrankte Arbeitnehmer durch ihre Situation benachteiligt werden, gleichzeitig jedoch auch Arbeitgeber vor dem unbegrenzten Anwachsen von Urlaubsansprüchen schützen.

  2. Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Wird das Arbeitsverhältnis beendet, bevor der restliche Urlaub genommen werden konnte, muss der verbliebene Anspruch ausgezahlt werden. Die sogenannte Urlaubsabgeltung ist gesetzlich vorgesehen, um sicherzustellen, dass dem Arbeitnehmer keine Nachteile durch den Wegfall der Beschäftigung entstehen. Auch bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb eines Jahres bleibt der anteilige Urlaubsanspruch bestehen – allerdings wird der bereits genommene Urlaub beim vorherigen Arbeitgeber auf diesen Anspruch angerechnet.

Fazit: Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen – und den Arbeitgeber in die Pflicht nehmen

Beschäftigte tun gut daran, ihre Urlaubsansprüche regelmäßig zu überprüfen – insbesondere dann, wenn sie nicht alle Urlaubstage im laufenden Jahr verbrauchen konnten. Wichtig ist dabei, festzustellen, ob der Arbeitgeber seine Pflicht zur rechtzeitigen Information über Resturlaub und möglichen Verfall erfüllt hat. Denn fehlt eine solche Mitteilung, kann der Anspruch auf Resturlaub unter Umständen auch rückwirkend noch geltend gemacht werden – teils über mehrere Jahre hinweg.