Urlaubsanspruch für freie Kursleiter: LAG Köln erkennt Honorarlehrer als „arbeitnehmerähnliche Person“ an

13. Juli 2025 -

Ein Honorarlehrer in Integrationskursen hat Anspruch auf bezahlten Urlaub. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln am 15. April 2025 (Az. 7 SLa 511/24) und bestätigte damit die Arbeitsgericht-Entscheidung aus erster Instanz. Das LAG stufte einen freiberuflichen Kursleiter, der für einen Bildungsträger Integrationskurse gab, als arbeitnehmerähnliche Person ein. Folglich findet das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anwendung, sodass der Kursleiter Urlaubsansprüche hat – konkret ging es um Urlaubsabgeltung (Auszahlung nicht genommenen Urlaubs) für das Jahr 2023. Dieser Rechtstipp erklärt, was arbeitnehmerähnliche Personen sind, welche Kriterien im vorliegenden Fall entscheidend waren und welche Konsequenzen sich daraus für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergeben.

Was bedeutet „arbeitnehmerähnliche Person“?

Nach § 2 Satz 2 BUrlG werden auch solche Personen als Arbeitnehmer behandelt, die aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind. Das Gesetz stellt damit sicher, dass wirtschaftlich unselbständige Selbständige – sogenannte arbeitnehmerähnliche Personen – den gleichen Urlaubsanspruch haben wie klassische Arbeitnehmer. Eine gesetzliche Definition des Begriffs gibt es zwar nicht im Detail, aber die Rechtsprechung hat Kriterien entwickelt:

  • Selbständig, aber wirtschaftlich abhängig: Arbeitnehmerähnliche Personen sind rechtlich Selbständige, unterscheiden sich jedoch vom “normalen” Arbeitnehmer nur durch einen geringeren Grad an persönlichen Weisungen und in der Regel fehlende Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation. Anstelle der persönlichen Abhängigkeit tritt hier die wirtschaftliche Abhängigkeit. Das bedeutet, die Person ist auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Tätigkeit für einen bestimmten Auftraggeber zur Sicherung ihrer Existenz angewiesen. Oft fließt der überwiegende Teil des Einkommens aus einem Vertragspartner.
  • Soziale Schutzbedürftigkeit ähnlich einem Arbeitnehmer: Zusätzlich muss die Gesamtumstände eine ähnliche Schutzbedürftigkeit wie bei Arbeitnehmern erkennen lassen. Das ist typischerweise der Fall, wenn die Person keine eigene Betriebsorganisation unterhält, keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt und ihre Dienstleistung persönlich erbringen muss. Sie kann sich also nicht einfach vertreten lassen und ist in die Abläufe des Auftraggebers eingegliedert (z.B. Nutzung von dessen Räumlichkeiten, Einhaltung von dessen Vorgaben).
  • Dauer des Vertragsverhältnisses: Meist setzt wirtschaftliche Abhängigkeit eine gewisse Dauerbeziehung voraus. Nur kurzzeitig erbrachte Dienstleistungen führen regelmäßig noch nicht zu wirtschaftlicher Abhängigkeit. Wird jedoch über einen längeren Zeitraum kontinuierlich für denselben Auftraggeber gearbeitet, spricht dies für eine feste Bindung.

Entscheidend ist immer eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls. Treffen die genannten Merkmale zu, kann eine selbständige Person als arbeitnehmerähnlich gelten. Dann steht ihr beispielsweise – wie in diesem Fall – Urlaub nach den Regeln des BUrlG zu, trotz formal selbständiger Tätigkeit.

Der Fall: Honorarlehrkraft in Integrationskursen

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger – ein 1963 geborener, schwerbehinderter Mann – vom 28.06.2022 bis 18.10.2023 als freier Mitarbeiter (Honorarlehrkraft) Integrationskurse für einen Bildungsträger in Nordrhein-Westfalen geleitet. Die Beklagte, ein vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beauftragter Kursträger, vergütete den Kläger auf Honorarbasis mit 42,23 € pro Unterrichtseinheit (45 Minuten). Vereinbarungsgemäß stellte der Kläger nach jedem Kursabschnitt Rechnungen; ausgefallene Stunden wurden nicht vergütet, und mit dem Honorar waren auch Vor- und Nachbereitungszeiten abgegolten. Während der Zusammenarbeit musste der Kläger persönlich den Unterricht erbringen und die BAMF-Richtlinien einhalten, war also an inhaltliche und qualitative Vorgaben gebunden.

Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verlangte der Kursleiter von der Beklagten rund 3.000 € Urlaubsvergütung (hilfsweise Urlaubsabgeltung) für nicht genommenen Urlaub aus 2023. Zur Begründung berief er sich darauf, arbeitnehmerähnliche Person zu sein und daher Urlaub wie ein Arbeitnehmer zu verdienen. Er legte seinen Einkommensteuerbescheid 2023 sowie Kontoauszüge vor, wonach er seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus den Honoraren dieser einen Auftraggeberin bestritt und keine weiteren Einkünfte in dem Zeitraum erzielt hatte. Die Honorare bei der Beklagten umfassten (laut Steuerbescheid) ca. 22.868 € im Jahr 2023 – was etwa 2.400 € monatlich entsprach.

Die Beklagte – also der Integrationskurs-Träger – bestritt den Anspruch. Sie argumentierte im Wesentlichen, der Kläger sei kein arbeitnehmerähnlicher, wirtschaftlich abhängiger Mitarbeiter gewesen. Insbesondere habe keine gesicherte Dauerbeziehung vorgelegen: Nach jedem Kurs habe offen gestanden, ob der Kläger einen neuen Auftrag erhalten würde. Zudem habe der Kläger im Schnitt nur 13,15 Unterrichtseinheiten pro Woche unterrichtet – nach Ansicht der Beklagten eine geringe Auslastung, sodass es ihm unschwer möglich gewesen wäre, nebenher andere Aufträge anzunehmen. Somit sei seine Existenz nicht “auf Gedeih und Verderb” von diesem einen Vertrag abhängig gewesen. Auch bezweifelte die Beklagte die vorgelegten Einkommensangaben (es habe z.B. nur eine Steuerschätzung vorgelegen, keine vollständige Gewinnermittlung) und vermutete, der Kläger könnte durchaus weitere Einkünfte oder Vermögen gehabt haben. Insgesamt sah die Beklagte in ihm eher einen typischen freien Honorarkraft, die prinzipiell jederzeit anderweitig tätig werden könne.

Entscheidung des LAG Köln: Urlaub steht zu

Das LAG Köln wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte den Urteils Tenor der ersten Instanz: Der Kläger hat Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG, denn er war als arbeitnehmerähnliche Person für die Beklagte tätig. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde mangels grundsätzlicher Zweifel nicht zugelassen. In seiner Urteilsbegründung stellte das LAG ausführlich auf die Kriterien der wirtschaftlichen Abhängigkeit und Schutzbedürftigkeit ab – und verwarf die Einwände der Beklagten im konkreten Fall:

  • Wirtschaftliche Abhängigkeit: Nach Überzeugung der Kammer war der Kläger spätestens im Jahr 2023 auf die Einkünfte aus der Tätigkeit für die Beklagte zur Sicherung seines Lebensunterhalts angewiesen. Diese Honorare waren faktisch seine einzigen Einnahmen. Der vorgelegte Steuerbescheid wies Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von ca. 22.868 € für 2023 aus, was annähernd den Zahlungen der Beklagten entspricht. Andere Einkunftsquellen oder nennenswertes Vermögen waren nicht erkennbar: Der Kläger stellte keine weiteren Rechnungen an Dritte aus (die fortlaufende Rechnungsnummer dokumentierte das), und aus den Kontoauszügen ergaben sich ebenfalls keine zusätzlichen Geldeingänge. Ein Sparkapital von rund 20.000 € war für die Richter nicht substanziell genug, um von finanzieller Unabhängigkeit zu sprechen. Damit war der Kläger vollauf wirtschaftlich abhängig von diesem einen Auftraggeber. – Hinweis: Das Gericht betonte, dass es nicht darauf ankommt, ob theoretisch die Möglichkeit bestanden hätte, noch andere Verdienstquellen zu suchen. Entscheidend ist die tatsächlich bestehende Abhängigkeit im fraglichen Zeitraum. Der Kläger hatte sich – wie viele freie Dozenten – faktisch auf diesen Lehrauftrag konzentriert und keine anderen Jobs angenommen. Dass er rein zeitlich (rein anhand der Unterrichtsstunden) noch Kapazitäten gehabt hätte, schließt wirtschaftliche Unselbständigkeit nicht aus, so die Richter. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass bei Lehrtätigkeiten erhebliche Vor- und Nachbereitungszeiten anfallen. Das LAG verwies darauf, dass z.B. laut BAMF-Vorgaben für festangestellte Lehrkräfte 29 UE/Woche als Vollzeit gelten, um genügend Zeit für Vorbereitung zu lassen. Vor diesem Hintergrund entsprechen ~13 UE/Woche etwa 45% einer Vollzeitstelle – keineswegs eine bloß „geringfügige“ Tätigkeit, wenn man die notwendige Unterrichtsvorbereitung einberechnet. Zudem erzielte der Kläger mit den ~13 UE/Woche rund 2.400 € monatlich, was einem existenzsichernden Einkommen entspricht und über dem gesetzlichen Mindestlohn-Niveau liegt. Dass er gewollt in Teilzeit nur für diesen einen Auftraggeber arbeitete, nimmt seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht die Relevanz. Kurz gesagt: Die wirtschaftliche Existenz des Klägers hing maßgeblich von der Beklagten ab – Kernkriterium einer arbeitnehmerähnlichen Person.
  • Soziale Stellung und Vergleichbarkeit mit Arbeitnehmern: Weiter stellte das Gericht fest, dass der Kläger auch hinsichtlich seiner gesamten Arbeitsumstände einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig war. Er musste seine Dienstleistung höchstpersönlich erbringen – konnte sich also nicht vertreten lassen oder eigene Mitarbeiter einsetzen. Eigene Betriebsmittel oder eine eigene Betriebsorganisation brauchte er nicht vorzuhalten; vielmehr nutzte er die Infrastruktur der Beklagten (Kursräume etc.) und arbeitete nach deren organisatorischen Rahmenbedingungen. Insofern war seine Situation ähnlich der fest angestellter Lehrkräfte. Sein Einkommen (ca. 2.400 € mtl. bei der Beklagten) war existenzsichernd, aber nicht so hoch, dass man von Unabhängigkeit sprechen könnte – er blieb darauf angewiesen. Diese Gesamtumstände begründen eine soziale Schutzbedürftigkeit: Der Kläger befand sich in einer Position, wie sie typischerweise nur Arbeitnehmer innehaben, die auf ihren Arbeitgeber angewiesen sind.
  • Dauer des Vertragsverhältnisses: Zwar war formal jeder einzelne Integrationskurs befristet und es gab keine Zusage für Folgeaufträge. Dennoch hatte das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis eine Laufzeit von etwa 16 Monaten (Juni 2022 bis Oktober 2023). Damit handelte es sich nicht nur um einen kurzfristigen Einsatz, sondern faktisch um eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung. Das Gericht stellte klar, dass der fehlende Kündigungsschutz oder die rein vertragstheoretische Kurzfristigkeit des Honorarvertrags nicht gegen Arbeitnehmerähnlichkeit sprechen. Es liegt in der Natur freier Dienstverträge, dass sie formell kündbar oder befristet sind – dennoch kann faktisch eine dauerhafte wirtschaftliche Bindung entstehen. Ein unbefristeter „Bestandsschutz“ ist keine Voraussetzung, um einen freien Mitarbeiter als arbeitnehmerähnlich einzustufen. Entscheidend ist vielmehr, dass hier tatsächlich über einen längeren Zeitraum kontinuierlich Aufträge erteilt wurden, sodass der Kläger berechtigterweise auf fortlaufende Einnahmen vertrauen konnte (und musste), um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Angesichts dieser Punkte bejahte das LAG die Arbeitnehmerschutzrechte für den Kläger. Er galt im Sinne des Urlaubsrechts als Arbeitnehmer. Dementsprechend stand ihm der gesetzliche Mindesturlaub zu, der mangels Gewährung auszuzahlen war. Das Arbeitsgericht hatte bereits eine Urlaubsabgeltung von 2.598,75 € brutto berechnet und zugesprochen (entsprechend dem nicht genommenen Urlaub). Diese Summe blieb unbeanstandet; die Berufung der Beklagten wurde vollständig zurückgewiesen.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer (freie Mitarbeiter)?

Für scheinbar „freie“ Mitarbeiter, die de facto nur für einen Auftraggeber tätig sind, ist dieses Urteil ein wichtiger Fingerzeig. Auch wenn Sie formal selbständig auf Honorarbasis arbeiten, können Sie Arbeitnehmerrechte haben, sofern Sie wirtschaftlich von einem Arbeitgeber abhängig sind. Insbesondere der Urlaubsanspruch kann Ihnen zustehen. Folgende Hinweise ergeben sich für Betroffene:

  • Urlaub einfordern: Wenn Sie überwiegend für einen einzigen Auftraggeber arbeiten und Ihr Einkommen im Wesentlichen dort erzielen, haben Sie Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz. Sie können also verlangen, wie ein Arbeitnehmer Urlaub zu bekommen oder – falls das Vertragsverhältnis endet – eine Urlaubsabgeltung (Auszahlung für nicht genommenen Urlaub). Dies gilt selbst dann, wenn Ihr Vertrag keine Urlaubsklausel enthält oder Sie als „freie/r Mitarbeiter/in“ bezeichnet werden.
  • Dokumentation der Abhängigkeit: Um Ihre Rechte durchzusetzen, sollten Sie Ihre wirtschaftliche Abhängigkeit belegen können. Etwa durch Kontoauszüge, Steuerbescheide oder Rechnungen, aus denen hervorgeht, dass Sie keine nennenswerten anderweitigen Einkünfte hatten. Im vorliegenden Fall war genau diese Dokumentation ausschlaggebend – das Gericht ließ ein pauschales Bestreiten der Gegenseite nicht genügen, nachdem der Kläger seine Einkünfte offen gelegt hatte. Tipp: Führen Sie Buch über Ihre Einnahmen und bewahren Sie Nachweise auf, um im Streitfall gewappnet zu sein.
  • Kein Verzicht durch Vertragsgestaltung: Lassen Sie sich nicht dadurch entmutigen, dass Ihr Auftraggeber auf die formale Selbständigkeit pocht (z.B. weil der Vertrag kurzfristig kündbar ist oder andere Nebenjobs theoretisch zulässt). Die tatsächlichen Umstände zählen. Wichtig ist die Frage: Wären Sie ohne diesen Auftrag in Ihrer Existenz gefährdet? Wenn ja, stehen die Chancen gut, als arbeitnehmerähnlich eingestuft zu werden. Die Gerichte schauen auf die Realität der Abhängigkeit, nicht allein auf den „Papierstatus“.
  • Weitere Rechte im Blick: Der Urlaubsanspruch ist ein prominentes Beispiel, aber Arbeitnehmerschutz kann noch weiter reichen. Arbeitnehmerähnliche Personen können etwa auch unter das Arbeitszeitgesetz, Mutterschutz oder Entgeltfortzahlungsgesetz fallen, sofern die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind (dies ist immer im Einzelfall zu prüfen). Informieren Sie sich im Zweifel über Ihre Rechte oder lassen Sie sich beraten. Das LAG-Urteil zeigt jedenfalls: Der rechtliche Status „selbständig“ schließt Schutzrechte nicht automatisch aus, wenn wirtschaftliche Unselbständigkeit besteht.

Was bedeutet das für Arbeitgeber?

Für Arbeitgeber, die mit freien Mitarbeitenden zusammenarbeiten (insbesondere in Bereichen wie Bildung, Medien, Pflege u.a.), macht das Urteil deutlich, dass Vorsicht geboten ist. Folgende Lehren lassen sich ziehen:

  • Urlaubsansprüche einkalkulieren: Beschäftigen Sie Honorarkräfte oder Freelancer, die im Grunde ständig für Sie arbeiten, sollten Sie damit rechnen, dass Urlaubsansprüche nach BUrlG entstehen können. Es empfiehlt sich, solche Ansprüche vertraglich zu regeln oder finanziell einzuplanen, um späteren Nachforderungen vorzubeugen. Andernfalls riskieren Sie, am Ende z.B. Urlaubsabgeltung nachzahlen zu müssen – so wie in diesem Fall rund 2.600 €.
  • Kriterien prüfen: Überprüfen Sie die Ausgestaltung Ihrer freien Mitarbeit. Arbeiten Ihre Freelancer überwiegend und über längere Zeit für Sie? Haben sie kaum andere Auftraggeber? Nutzen sie weitgehend Ihre Infrastruktur und müssen Ihre Vorgaben befolgen? Solche Faktoren deuten darauf hin, dass der oder die Betroffene arbeitnehmerähnlich ist. In solchen Konstellationen sollten Arbeitgeber die gleichen arbeitsrechtlichen Mindeststandards gewähren, die für Angestellte gelten – nicht nur aus rechtlichem Pflichtbewusstsein, sondern auch aus Fairness und zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten.
  • Schein-Selbständigkeit vs. arbeitnehmerähnlich: Beachten Sie, dass arbeitnehmerähnliche Personen keine klassischen Arbeitnehmer sein müssen – d.h. es liegt nicht zwingend eine Scheinselbständigkeit vor, bei der Sozialversicherungspflichten etc. greifen. Trotzdem: Auch ohne volle Arbeitnehmereigenschaft bestehen gewisse Verpflichtungen, insbesondere beim Urlaub. Man kann es so ausdrücken: Zwischen echten Arbeitnehmern und echten Selbständigen gibt es Grauzonen, und das Gesetz stellt sicher, dass wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter in zentralen Punkten wie Urlaub nicht schutzlos sind. Als Arbeitgeber sollte man sich dieser Grauzone bewusst sein und entsprechend handeln.
  • Vertragsgestaltung und Praxis anpassen: Um Klarheit zu schaffen, können Sie in Honorarverträgen Regelungen zu Urlaub oder Auszeiten aufnehmen. Alternativ – wenn Sie feststellen, dass eine freie Kraft faktisch dauerhaft für Sie tätig ist – könnte die Anstellung auf Teilzeitbasis eine saubere Lösung sein, um alle arbeitsrechtlichen Aspekte eindeutig zu regeln. In jedem Fall ist ratsam, offene Kommunikation zu pflegen: Besprechen Sie mit freien Mitarbeitern deren Auslastung und Erwartungen. So lassen sich Missverständnisse vermeiden. Ein plötzlicher gerichtlicher Anspruch auf Urlaubsvergütung kommt für viele Arbeitgeber überraschend; proaktive Gestaltung kann dem vorbeugen.

Die Entscheidung des LAG Köln vom 15.04.2025 stärkt die Rechte von Solo-Selbständigen, die faktisch an einen Auftraggeber gebunden sind. Ein Integrationskurs-Lehrer auf Honorarbasis wurde als arbeitnehmerähnliche Person anerkannt, weil er wirtschaftlich von seinem einzigen Auftraggeber abhing und ähnlich schutzbedürftig war wie ein Angestellter. Arbeitgeber sollten daraus lernen, dass auch freie Mitarbeit zu arbeitsrechtlichen Pflichten führen kann. Arbeitnehmer bzw. freie Auftragnehmer in solchen Konstellationen wiederum dürfen wissen, dass sie Anspruch auf bezahlten Urlaub haben – und diesen notfalls geltend machen können.

Dieses Urteil reiht sich in eine Tendenz ein, Honorarkräften im Bildungsbereich mehr Schutz zuzugestehen: Bereits 2023 hatte ein Gericht in Baden-Württemberg ähnlich entschieden. Insgesamt gilt: Entscheidend sind wirtschaftliche Realität und Abhängigkeit. Der rechtliche Status sollte der gelebten Arbeitssituation angepasst werden – notfalls durch die Gerichte. Arbeitnehmerähnliche Personen stehen echten Arbeitnehmern in zentralen Rechten jedenfalls näher, als mancher Auftraggeber glauben mag. Das Thema verdient Beachtung von beiden Seiten, um faire und rechtssichere Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.