Gastverträge sind keine Arbeitsverträge – beim Brand des Theater bekommen die Schauspieler nix

08. Mai 2024 -

Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 31.01.2024 zum Aktenzeichen 5 Sa 422/23 entschieden, dass Gastverträge bei einem Theater regelmäßig nicht als Arbeitsverträge zu qualifizieren sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Probezeiten und die Aufführungstermine vorgegeben werden. Ist eine Schauspielerin mit Gastvertrag nicht als Arbeitnehmerin anzusehen, kann sie bei einem Ausfall der vorgesehenen Vorstellungen keine Zahlung verlangen, wenn die Vorstellungen wegen eines Theaterbrands ausfallen. Für beide Seiten sind die Hauptpflichten wegen Unmöglichkeit entfallen (§§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es liegt kein Fall des Annahmeverzugs vor, weil § 615 Satz 3 BGB nur auf Arbeitsverträge und nicht auf reine Dienstverträge anwendbar ist.

Die Beklagte betreibt ein Theater. Die Klägerin ist Sängerin und Schauspielerin. Sie macht Vergütung für wegen eines Brands ausgefallene Aufführungen geltend.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 3 Abs. 3  Satz 2 des Gastvertrages auf Zahlung der geltend gemachten Vergütung. Die Parteien haben in § 3 Abs. 3  Satz 2 des Gastvertrages keine Garantie  mit dem Inhalt vereinbart, dass die Klägerin die vereinbarte Vergütung auch dann erhalten sollte, wenn es zu keiner Aufführung kommen würde. Dies ergibt die Auslegung des Gastvertrages.

Bei der Vereinbarung der Parteien handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 BGB. Die Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, der Klägerin von der Beklagten bei Vertragsabschluss gestellt und nicht im Einzelnen ausgehandelt worden.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen. Die Anwendung der Unklarheiten Regel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von ihnen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 25.01.2023 – 10 AZR 116/22 – Rn. 20).

Nach diesen Grundsätzen ist der Gastvertrag dahingehend auszulegen, dass die in § 3 Abs. 1 Satz 2 vorgesehene Garantie nur dann gelten soll, wenn die Aufführungen tatsächlich stattfinden. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 3 des Gastvertrages. Dies ist von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise dahingehend zu verstehen, dass der Gast immer dann, wenn die vorgesehenen Aufführungen ausfallen, keinen Vergütungsanspruch haben soll. Die einzige Ausnahme ist für den Fall vorgesehen, wenn ihm die Absage nicht rechtzeitig vor der geplanten Aufführung zugeht  (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 und  Satz 3  Gastvertrag).

Anderenfalls wäre die in § 6 Abs. 3 des Gastvertrages getroffene Regelung sinnlos bzw. überflüssig. Die Parteien haben die Mitwirkung der Klägerin an 15 Vorstellungen vereinbart. Wenn ihr die Beklagte garantiert hätte, unabhängig von der Durchführung der Vorstellungen 15 Vorstellungen zu vergüten, bliebe für § 6 Abs. 3 des Gastvertrags kein Anwendungsbereich. Verständige und redliche Vertragspartner würden den Gastvertrag nicht so auslegen. Sie würden den Vertrag so verstehen, dass alle Regelungen einen Anwendungsbereich haben.

Die Unklarheiten Regel des § 305c Abs. 2 BGB kommt nicht zur Anwendung. Die Auslegung des Gastvertrages hat gezeigt, dass nicht davon auszugehen ist, dass mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen und von ihnen keines den klaren Vorzug verdient. Es bestehen keine „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung.

Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass § 6 Abs. 3 Abs. 3 Satz 2 des Gastvertrages intransparent sei. Die Klausel verdeutlicht, dass die Beklagte ihrer Vergütungspflicht nur nachkommen will, wenn die Gegenleistung des Künstlers, die in der Beteiligung an den Aufführungen besteht, tatsächlich erbracht wird. Aus § 6 Abs. 1 des Vertrages ergibt sich, dass die Beklagte jegliche Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und aus § 616 BGB ausschließen wollte. § 3 Abs. 2 des Gastvertrages schließt darüber hinaus einen Urlaubsanspruch und damit auch einen Urlaubsentgeltanspruch aus.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 611a Abs. 2 i. V. m. § 615 Satz 1 BGB auf Zahlung der Vergütung. Die Beklagte befand sich nach dem Brand nicht in Annahmeverzug. Vielmehr ist ein Fall der Unmöglichkeit gegeben, der auf beiden Seiten die Hauptpflichten aus dem Vertrag entfallen ließ (§§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Annahme, dass ein Fall der Unmöglichkeit vorlag, beruht entscheidend auf dem Umstand, dass die Parteien keinen Arbeitsvertrag und auch keinen Werkvertrag geschlossen haben, sondern einen Dienstvertrag i.S.v. § 611 Abs. 1 BGB. Daher kommt § 615 Satz 3 BGB, der für Arbeitsverträge vorsieht, dass in bestimmten Konstellationen, die nach allgemeinen Regeln eigentlich den gesetzlichen Bestimmungen zur Unmöglichkeit unterfallen würden, der Anwendungsbereich der Vorschriften zum Annahmeverzug erweitert wird.

Die Klägerin war nicht Arbeitnehmerin der Beklagten.

Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann . Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Die Vorschrift des § 611a BGB in der seit dem 1. April 2017 geltenden Fassung spiegelt diese Rechtsgrundsätze wider (BAG 17.06.2020 – 7 AZR 398/18 – Rn. 14).

Nach § 611a Abs. 1 BGB wird ein Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet (Satz 1). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen (Satz 2). Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmten kann (Satz 3). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (Satz 4). Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen (Satz 5). Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an (Satz 6).

Die Parteien einer privatrechtlichen Vereinbarung über die Erbringung von Dienst- bzw. Arbeitsleistungen sind danach nicht frei darin, den Vertragstyp unabhängig von den vereinbarten Bedingungen, unter denen die Leistung erbracht werden soll, und der tatsächlichen Vertragsdurchführung zu bestimmen. Sie sind an die zwingenden Vorgaben des § 611a Abs. 1 BGB gebunden. Ist die Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit materieller Vertragsgegenstand oder leistet der Beschäftigte abweichend von den getroffenen Vereinbarungen tatsächlich solche Arbeit, liegt ein Arbeitsverhältnis i. S. v. § 611a Abs. 1 BGB vor (BAG 25.04.2023 – 9 AZR 253/22 – Rn. 22).

Zur Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von anderen Vertragsverhältnissen (zB freier Dienstvertrag, Werkvertrag ua.) ist nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB stets eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen ist (BAG 25.04.2023 – 9 AZR 253/22 – Rn. 23).

Konkret für einen Gastvertrag eines Opernsängers hat das BAG angenommen, dass dieser sein Gepräge durch die Mitwirkung an den Vorstellungen erhalte. Dies sei der eigentliche Sinn des Vertrags, der auch in den unterschiedlichen Vergütungsregelungen zum Ausdruck komme. Die Prüfung der Weisungsgebundenheit müsse diese dienende Funktion der Proben angemessen berücksichtigen. Die Bewertung der persönlichen Abhängigkeit dürfe nicht allein nach dem zeitlichen Umfang der Tätigkeiten erfolgen. Stünden die Aufführungen als Vertragsgegenstand ganz im Vordergrund, seien sie neben den in zeitlicher Hinsicht überwiegenden Proben zumindest gleichgewichtig (BAG 07.02.2007 – 5 AZR 270/06 – Rn. 11 ff.; in diesem Sinne auch LAG Köln 30.09.2020 – 11 Sa 631/19 – Rn. 57 ff.).

Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin nicht Arbeitnehmerin der Beklagten. Der Vertrag der Parteien ist auch nicht als Werkvertrag, sondern als Dienstvertrag (§ 611 Abs. 1 BGB) einzustufen.

Der Vertrag ist nicht Werkvertrag, weil die Klägerin der Beklagten keinen Erfolg i.S.v. § 631 Abs. 2 BGB schuldete, sondern eine künstlerische Tätigkeit (vgl. zu diesem Aspekt BAG 05.07.2007 – 5 AZR 270/06 – Rn. 11).

Die Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls ergibt, dass auch kein Arbeitsverhältnis vorlag. Zwar enthält der Gastvertrag mehrere Vorschriften, die auf den ersten Blick für ein Arbeitsverhältnis sprechen. So sind die Zeiten, an denen die Klägerin zu Vorstellungen zu erscheinen hatte, exakt vorgegeben (§ 1 Abs. 5 des Gastvertrages). Die Zeiten der Proben wurden noch nicht konkret festgelegt; es wurde jedoch vereinbart, dass die Klägerin keinen Einfluss auf die Termine haben sollte. Vielmehr sollten sie der Klägerin „bekannt gegeben“ werden (§ 1 Abs. 3 des Gastvertrages). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Beklagten mit diesen Regelungen nicht etwa eine große Flexibilität und ein umfangreiches Weisungsrecht hinsichtlich des Einsatzes der Klägerin eingeräumt worden ist. Die Vorgaben an die Klägerin sind der spezifischen Tätigkeit geschuldet. Die Beklagte mag es ursprünglich in der Hand gehabt haben, den Zeitraum für die Proben und die genauen Termine weitgehend selbstbestimmt festzulegen. Eine derartige Festlegung ist wegen der Vielzahl von Akteuren, die an einer Aufführung teilnehmen, zwingend notwendig. Ist sie einmal erfolgt, kann auch die Beklagte nicht ohne Weiteres Änderungen vornehmen. Zu Recht hat die Beklagte darauf verwiesen, dass in anderen Bereichen wie etwa beim Handwerk vergleichbare Festlegungen vorgenommen werden, ohne dass der Handwerker als Arbeitnehmer angesehen wird. So bedarf es bei dem Bau eines Hauses der zeitlichen Abstimmung, welcher Handwerker in welcher Reihenfolge wann tätig werden soll.

Gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht zudem, dass sich die Beklagte in den Punkten, die nicht „aus der Natur der Sache“ eine konkrete Festlegung bedurften, in dem formularmäßigen Vertrag kein weitreichendes Weisungsrecht eingeräumt hat. Die Art der Tätigkeit (Rolle der S M in S“) wurde exakt festgelegt und war für beide Seiten bindend. Soweit es möglich war, wurde auch der Klägerin eine flexible Handhabung ermöglicht. So wurden ihr während der Proben „drei Sperrtermine nach Genehmigung der Bühne“ gewährt (§ 1 Abs. 3 des Gastspielvertrags). Ausdrücklich festgehalten wurde, dass „in den Zeiträumen zwischen den in diesem Gastvertrag genannten Vorstellungsterminen keine Verpflichtungen des Gastes gegenüber der Bühne bestehen“ (§ 1 Abs. 7 des Gastspielvertrags). Die der Beklagten eingeräumte Möglichkeit, die Klägerin auch an anderen Spielorten im In- und Ausland einzusetzen (§ 2 Abs. 1 Satz 1  des Gastspielvertrags), hat kein besonderes Gewicht. Es war klar, dass die Aufführungen im „G H“ stattfinden sollten.

Dem Umstand, dass die Beklagte die Klägerin als „Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung“ angemeldet hat, ist ebenfalls von untergeordneter Bedeutung. Im Sozialrecht kommt es darauf an, ob ein Beschäftigungsverhältnis gegeben ist. Dies kann – muss aber nicht – ein Arbeitsverhältnis sein (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Es ist auch nicht deswegen von einem Arbeitsverhältnis auszugehen, weil die Parteien ein derartiges Vertragsverhältnis begründen wollten. Abgesehen davon, dass in diesem Bereich eine Dispositionsmöglichkeit der Parteien nur sehr begrenzt besteht, ist ein derartiger Wille nicht gegeben.

Andere Umstände legen die Annahme nahe, dass sich die Parteien nicht auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages verständigen wollten. Wie bereits ausgeführt, sah der Gastvertrag vor, dass kein Anspruch auf Urlaub und kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestehen sollte. Derartige Regelungen sind wegen des zwingenden Charakters des BUrlG (§ 13 BUrlG) und des EFZG (§ 12 EFZG) nur dann sinnvoll, wenn das Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis anzusehen ist. Es kann nicht angenommen werden, der Beklagten sei der zwingende Charakter der gesetzlichen Bestimmungen nicht bekannt gewesen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vergütung, weil für beide Seiten die Hauptpflichten wegen Unmöglichkeit entfallen sind (§§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Beklagte befand sich nicht in Annahmeverzug. Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB aufrechterhalten worden.

Für die Abgrenzung von Annahmeverzug und Unmöglichkeit bei Vorliegen eines Dienstvertrages ist zu berücksichtigen, dass die Dienstleistung regelmäßig als eine Fixschuld angesehen wird, die nicht nachgeholt werden kann (BAG 23.09.2015 – 5 AZR 164/14 – Rn. 26; Joussen in BeckOK Arbeitsrecht § 615 BGB Rn. 6).

Vorliegend ergibt sich aus dem Gastvertrag besonders deutlich, dass es sich bei der Verpflichtung der Klägerin um eine Fixschuld handelt. Die vorgesehenen Vorstellungstermine können nicht mehr durchgeführt werden, wenn sie verstrichen sind. Daran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn die ausgefallenen Vorstellungen – was hier nicht erfolgt ist – später „nachgeholt“ würden. Dies wäre nur aufgrund eines neuen Vertrages möglich gewesen. Zudem handelte es sich um neue Aufführungen. Vor diesem Hintergrund ist der Klägerin ihre Leistung mit Ablauf des 20.06.2021 unmöglich geworden.

Im Arbeitsverhältnis hätte dies nicht zwingend zu der Annahme geführt, dass ein Anspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs ausgeschlossen gewesen wäre. In den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls nach § 615 Satz 3 BGB trägt, steht dem Arbeitnehmer ungeachtet der Unmöglichkeit ein Vergütungsanspruch aus §§ 611a Abs. 2, 615 Satz 1 BGB zu. Das BAG hat hierzu ausgeführt, § 615 Satz 3 BGB sei eine gesetzlich angeordnete Analogie, mit der – abweichend von §§ 275, 326 Abs. 1 BGB – bei einem Umstand, der dem Betriebsrisiko Unterfalle, § 615 Satz 1 BGB entsprechende Anwendung finde (BAG 28.09.2016 – 5 AZR 224/16 – Rn. 20).

Das Betriebsrisiko ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können. Zu den Fällen des Betriebsrisikos gehören sämtliche betriebstechnische Störungen, die zu einer Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führen und vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind. Hierzu zählt der Brand einer Fabrik, der Brand des Arbeitsmaterials und somit auch der Brand der für einen Auftritt vorgesehenen Bühne (vgl. BAG 28.09.2016 – 5 AZR 224/16 – Rn. 21; 23.09.2015 – 5 AZR 164/14 – Rn. 22; Joussen in BeckOK Arbeitsrecht § 615 BGB Rn. 96).

Diese Grundsätze gelten für den Dienstvertrag (§ 611 BGB), der kein Arbeitsvertrag ist, nicht. Da § 615 Satz 3 BGB keine Anwendung findet, bestimmen sich die Rechtsfolgen eines Brandes der Aufführungsstätte ausschließlich nach §§ 275, 326 BGB. Dies bedeutet, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin nur aufrechterhalten worden wäre, wenn die Beklagte für den Brand allein oder überwiegend verantwortlich gewesen wäre (§ 326 Abs. 2 Satz 1 BGB). Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Sie ergeben sich nicht daraus, dass es in der Vergangenheit mehrfach zu Bränden wegen Brandstiftung gekommen ist.