Bad Neustadt an der Saale – Ein schwerer Schlag für Beschäftigte im bayerischen Unterfranken: Der Automobilzulieferer Preh GmbH hat im Rahmen eines weitreichenden Strukturprogramms 420 Stellen am Hauptsitz in Bad Neustadt abgebaut. Grund für die Maßnahme ist die anhaltende Krise in der Automobilindustrie sowie zunehmende internationale Unsicherheiten – insbesondere durch die US-Zollpolitik. Für viele Arbeitnehmer stellt sich nun die Frage: Welche Rechte habe ich im Falle eines Stellenabbaus? Was ist bei einem Freiwilligenprogramm oder einer betriebsbedingten Kündigung zu beachten?
Automobilkrise trifft Zulieferer hart
Die wirtschaftliche Lage in der Automobilbranche ist angespannt: Der Wandel hin zur Elektromobilität verläuft schleppend, die Nachfrage sinkt, globale Handelsbarrieren steigen. Diese Rahmenbedingungen spiegeln sich auch in den Geschäftszahlen der Preh GmbH wider. Der Umsatz des Unternehmens sank im Jahr 2024 um über neun Prozent auf 1,53 Milliarden Euro. Der Preh-CEO Zhengxin „Charlie“ Cai betonte, man habe mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen, rechne aber mittelfristig mit Erholung – sofern sich die Märkte stabilisieren.
420 Stellen gestrichen – in drei Schritten
Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, wurde bereits im Sommer 2024 ein umfangreiches Maßnahmenpaket eingeleitet. Der Stellenabbau erfolgte dabei in mehreren Stufen:
- Freiwilligenprogramm: Etwa 300 Beschäftigte haben das Unternehmen auf freiwilliger Basis verlassen – etwa durch Abfindungen, Umschulungsangebote oder Aufhebungsverträge. Diese Programme werden häufig angeboten, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.
- Natürliche Fluktuation und Vorruhestand: Weitere 70 Stellen wurden ohne Kündigungen durch altersbedingtes Ausscheiden und natürliche Fluktuation abgebaut.
- Betriebsbedingte Kündigungen: Für etwa 50 Mitarbeiter blieb nur der Weg über die Kündigung. Damit endet das Stellenabbauprogramm offiziell im Mai 2025.
Was bedeutet das für betroffene Arbeitnehmer?
Die rechtliche Bewertung eines solchen Personalabbaus ist komplex – dennoch gibt es klare gesetzliche Regelungen zum Schutz von Beschäftigten.
1. Betriebsbedingte Kündigung: Voraussetzungen und Rechte
Betriebsbedingte Kündigungen setzen voraus, dass dringende betriebliche Gründe vorliegen – etwa der Wegfall von Arbeitsplätzen aufgrund von Umstrukturierungen oder Auftragsrückgängen. Arbeitgeber müssen dabei eine Sozialauswahl treffen, die Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigt.
Wichtig für Betroffene:
- Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden.
- Oft kann eine solche Klage zu einer besseren Abfindung oder gar zur Weiterbeschäftigung führen.
- Gewerkschaften oder ein Fachanwalt für Arbeitsrecht sollten frühzeitig eingeschaltet werden.
2. Freiwilligenprogramme: Chancen und Risiken
Aufhebungsverträge im Rahmen von Freiwilligenprogrammen bieten meist finanzielle Anreize. Doch Vorsicht:
- Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Wer ohne wichtigen Grund selbst kündigt oder einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, riskiert eine bis zu 12-wöchige Sperre durch die Agentur für Arbeit.
- Ein Aufhebungsvertrag sollte nur nach eingehender Prüfung unterschrieben werden – idealerweise nach Beratung mit dem Betriebsrat oder einem Anwalt.
3. Beteiligung des Betriebsrats
In einem Unternehmen wie Preh, das über einen Betriebsrat verfügt, ist dieser zwingend in den Kündigungsprozess einzubeziehen. Bei einem größeren Stellenabbau ist ein Interessenausgleich und Sozialplan gesetzlich vorgeschrieben (§§ 111, 112 BetrVG). Diese Vereinbarungen regeln, wie der Abbau sozialverträglich gestaltet wird – etwa durch Abfindungen, Fortbildungsangebote oder Versetzungen.
Ausblick: Automobilindustrie im Wandel
Trotz des Personalabbaus betont die Unternehmensleitung, dass Preh langfristig gut aufgestellt sei. So habe man 2024 Neugeschäft im Wert von über zwei Milliarden Euro akquiriert – ein positives Signal inmitten der Krise. Doch für viele Betroffene ist das ein schwacher Trost.
Fazit: Was Beschäftigte jetzt tun sollten
Wer betroffen ist – oder betroffen sein könnte – sollte schnell handeln:
- Kündigung sorgfältig prüfen lassen
- Fristen einhalten (z. B. für Klage oder Meldung bei der Agentur für Arbeit)
- Betriebsrat kontaktieren
- Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
Tipp: Viele Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine kostenlose Erstberatung durch ihre Rechtsschutzversicherung oder über die Gewerkschaftsmitgliedschaft. Diese kann über die Erfolgsaussichten einer Klage oder bessere Verhandlungsmöglichkeiten im Aufhebungsvertrag aufklären.
Der Stellenabbau bei Preh zeigt einmal mehr, wie tiefgreifend die Transformation der Automobilindustrie inzwischen auch auf Beschäftigungsebene wirkt. Arbeitnehmer sollten sich in solchen Phasen nicht allein auf Zusagen des Arbeitgebers verlassen, sondern ihre Rechte aktiv wahrnehmen – am besten mit juristischer Unterstützung.