WhatsApp-Gruppe: Beleidigungen können den Job kosten

14. Juli 2025 -

Hintergrund des Falls

Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen vom 25.06.2024 (Az.: 15 Sa 785/23) zeigt, dass beleidigende und hetzerische Äußerungen in einer privaten WhatsApp-Chatgruppe erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können. In dem entschiedenen Fall war ein 50-jähriger Gruppenleiter (schwerbehindert, GdB 60) eines Luftfahrtunternehmens seit vielen Jahren im Betrieb und tariflich ordentlich unkündbar. Er war Mitglied einer WhatsApp-Gruppe mit insgesamt sieben Personen (fünf Kollegen und einem zeitweise hinzugefügten Ex-Kollegen), die sich gegenseitig seit Langem freundschaftlich verbunden fühlten. In dieser vermeintlich privaten Runde tauschte man neben Alltäglichem auch Frust über die Arbeit aus.

Der Chatverlauf umfasste hunderte Seiten und enthielt zahlreiche schwer beleidigende, rassistische und menschenverachtende Äußerungen sowie Aufrufe zur Gewalt. Beispielsweise schrieb der Kläger hasserfüllt „Verbrennen muss man den Laden“ über seinen Arbeitgeber und phantasierte, man müsse „alles kaputt schlagen“. Über Vorgesetzte und Kollegen fielen üble Beschimpfungen (u.a. als „Polacke“ und „Verräter…“, sogar das N-Wort wurde verwendet) und Drohungen wie „dem muss man in die Fresse hauen“. Auch ein NS-verherrlichender Ausspruch fand sich im Chat („Unter Hitler würde die Welt besser laufen“). Diese extremen Entgleisungen waren zunächst innerhalb der Chatgruppe geblieben. Doch dann zeigte ein Gruppenmitglied den Verlauf einem Dritten (ebenfalls Mitarbeiter der Firma), der die Chatnachrichten kopierte und an den Betriebsrat weiterleitete. So gelangten die privaten Chats schließlich in die Hände der Personalabteilung.

Ein privater WhatsApp-Chat ist nicht so vertraulich, wie viele denken – einmal weitergeleitet oder abfotografiert, können selbst „private“ Nachrichten den Arbeitgeber erreichen.

Der Arbeitgeber – in diesem Fall die Fluggesellschaft – reagierte, nachdem er Kenntnis von den Chat-Inhalten erlangt hatte, mit einer fristlosen Kündigung des Gruppenleiters. Zwar sollte das Arbeitsverhältnis nach einem zuvor vereinbarten Sozialplan ohnehin einige Monate später enden (inklusive einer Abfindungszahlung), doch wollte man den Mitarbeiter angesichts der Vorfälle keine weitere Minute beschäftigen. Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört (§ 102 BetrVG) und stimmte der Kündigung sogar zu. Innerhalb von zwei Wochen ab endgültiger Kenntnis der Chat-Inhalte wurde die Kündigung erklärt, womit die gesetzliche Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt war. Der gekündigte Arbeitnehmer klagte daraufhin gegen die Kündigung und machte zugleich Lohnansprüche bis zum geplanten regulären Beendigungsdatum geltend.

Gerichtsverfahren: Privat bleibt privat?

In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Hannover hatte der Kläger Erfolg – das Gericht erklärte die Kündigung im Februar 2022 für unwirksam. Begründung: Die Äußerungen seien in einem privaten Chat gefallen und genössen daher Vertraulichkeitsschutz. Solange die Chat-Inhalte nicht über den Kreis der Teilnehmer hinausgetragen würden, dürfe der Arbeitgeber daraus keine Sanktionen ableiten, so die Ansicht. Auch sah das Arbeitsgericht keinen Nachweis, dass der Betriebsfrieden im Unternehmen konkret gestört worden sei, solange der Chat intern geblieben war.

Das Unternehmen ging in Berufung – doch auch das LAG Niedersachsen bestätigte zunächst im Dezember 2022 die Entscheidung der Vorinstanz (Az.: 15 Sa 284/22). Beide Gerichte stellten im Wesentlichen auf den privaten, vermeintlich vertraulichen Charakter der WhatsApp-Gruppe ab.

Erst das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt korrigierte diese Sichtweise. Mit Urteil vom 24.08.2023 (Az.: 2 AZR 17/23) hob es die pro-Kläger-Entscheidung auf und verwies den Fall zurück an das LAG. Das BAG betonte, dass eine WhatsApp-Gruppe nicht per se ein geschützter Privatraum ist, in dem „uneingeschränkt Vertraulichkeit“ herrscht und man straffrei Kollegen beleidigen kann. Maßgeblich seien die Umstände im Einzelfall, insbesondere Art der Nachrichten und Größe/Zusammensetzung der Gruppe. Nur wenn ein Arbeitnehmer objektiv berechtigt davon ausgehen durfte, dass kein Gruppenmitglied seine gravierenden Beschimpfungen nach außen trägt, könne ausnahmsweise Kündigungsschutz greifen. Im vorliegenden Fall hatten die Kläger (es betraf wohl mehrere Beteiligte) laut BAG hierzu nichts Überzeugendes vorgetragen. Insbesondere angesichts der Größe der Gruppe (7 Personen), deren wechselnder Zusammensetzung, der unterschiedlichen Beteiligung der Mitglieder und der Natur von WhatsApp als „auf schnelle Weiterleitung angelegtes Medium“ lag es keineswegs auf der Hand, dass alle Mitglieder für immer schweigen würden.

Nach der klaren Ansage des BAG musste das LAG Niedersachsen den Fall erneut prüfen – mit dem Ergebnis, dass es die Klage des Arbeitnehmers nun abgewiesen hat. In seinem Urteil vom 25.06.2024 stellte das LAG fest, dass die fristlose Kündigung wirksam war und das Arbeitsverhältnis sofort beendete. Der Arbeitnehmer verlor damit endgültig seinen Kündigungsschutzprozess; eine Revision zum BAG wurde nicht (erneut) zugelassen.

Rechtliche Bewertung der Entscheidung

Vertraulichkeit einer Chatgruppe – Grenzen des Privaten

Das LAG Niedersachsen folgte der Linie des BAG und machte deutlich: Private Chatgruppen genießen keinen grenzenlosen Privatsphärenschutz. Zwar sind Äußerungen unter vier Augen oder im engsten privaten Kreis grundsätzlich vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Kommunikationsfreiheit gedeckt. Doch bei einer WhatsApp-Gruppe mit mehreren Teilnehmern hängt die Vertraulichkeit entscheidend von den Umständen ab. Im vorliegenden Fall bestand die Gruppe aus sieben Personen, von denen nicht alle zum engsten Familien- oder Vertrauenskreis des Klägers zählten. Je größer und heterogener eine Chat-Gruppe ist, desto weniger darf man darauf vertrauen, dass Inhalte vertraulich bleiben – insbesondere, wenn die Gruppe dienstliche Bezüge hat oder Kollegen umfasst, die verschiedenen Loyalitäten unterliegen.

Der Kläger konnte nicht darlegen, warum er berechtigt auf absolutes Stillschweigen aller Mitglieder vertrauen durfte. Seine pauschale Behauptung, alle seien „wie Pech und Schwefel“ und niemand würde je etwas nach außen tragen, erwies sich als bloße subjektive Einschätzung. Tatsächlich hatte ja ein Gruppenmitglied den Chat freiwillig einem Dritten gezeigt – der Vertrauensbruch war also bereits passiert. Auch hatten nicht alle Mitglieder gleichermaßen extreme Kommentare gepostet; insbesondere derjenige, der die Infos weitergab, hielt sich in der Chatgruppe offenbar zurück und war zur Kündigungszeit kein Mitarbeiter der Firma mehr. Damit standen persönlicher Einsatz und Risiko für die Beteiligten unterschiedlich – ein Umstand, der das Vertrauen in uneingeschränkte Vertraulichkeit weiter schmälert. Das Gericht betonte daher, dass hier keine schutzwürdige Vertraulichkeitserwartung bestand. Kurz gesagt: Wer in einer Gruppe von Kollegen hemmungslos hetzt und beleidigt, kann sich nicht sicher sein, dass diese Tiraden privat bleiben.

Beleidigungen als Kündigungsgrund – Pflichtenverletzung des Arbeitnehmers

Unter diesen Umständen durften die Chat-Aussagen im Prozess als Beweismittel verwertet werden (kein Verwertungsverbot) und als Kündigungsgrund herangezogen werden. Die Inhalte der Nachrichten stellten ohne Zweifel eine schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Arbeitnehmer sind gegenüber ihrem Arbeitgeber und Kollegen zur Rücksichtnahme verpflichtet (§ 241 Abs. 2 BGB) – auch außerhalb der direkten Arbeitsausübung. Wer Kollegen mit rassistischen oder sexistischen Schmähungen überzieht und sogar Gewalt ankündigt, zerstört das Vertrauensverhältnis nachhaltig. Das LAG stellte klar, dass selbst ein vermeintlich privater Rahmen kein Freibrief für Hass, Hetze oder Drohungen ist, sobald diese Äußerungen betrieblichen Bezug haben und den Betriebsfrieden massiv erschüttern. Solche massiven Pflichtverstöße können einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung bilden (§ 626 Abs.1 BGB) – selbst bei lange beschäftigten, bislang unkündbaren Arbeitnehmern.

Besonders im vorliegenden Fall war die Intensität der Verfehlungen außerordentlich hoch. Die Nachrichten des Klägers wurden vom Gericht als „erhebliche Ehrverletzungen, menschenverachtende Bemerkungen, Gewaltaufrufe und potenziell strafbare Inhalte“ bewertet. Solche Äußerungen genießen keinen Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG), da sie weit über sachliche Kritik hinausgehen und die Menschenwürde sowie den Betriebsfrieden tangieren. Der Arbeitnehmer konnte sich daher nicht darauf berufen, er habe im „privaten Rahmen“ nur seine Meinung gesagt – Beleidigungen und Aufstachelung zur Gewalt sind rechtlich nicht geschützt, schon gar nicht gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten.

Interessenabwägung und außerordentliche Kündigung

Jede Kündigung – insbesondere eine fristlose – erfordert eine Interessenabwägung im Einzelfall. Hier standen sich auf der einen Seite die Interessen des Arbeitnehmers (langjährige Betriebszugehörigkeit seit 2005, Alter 50, Unterhaltspflichten für zwei Kinder, Schwerbehindertenstatus und die anstehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindung) gegenüber. Auf der anderen Seite wog das Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf, dem Schutz der übrigen Mitarbeiter vor Anfeindungen und der Wahrung seines Ansehens. Das LAG kam zu dem Ergebnis, dass die Waage hier klar zugunsten des Arbeitgebers ausschlägt. Durch die Schwere der Verfehlungen war das Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört. Dem Arbeitgeber war es nicht zuzumuten, den Kläger auch nur bis zum Ablauf der ohnehin vereinbarten Restlaufzeit weiterzubeschäftigen – selbst trotz der kurzen verbleibenden Dauer von unter sechs Monaten.

Ein weiterer Aspekt: Hätte der Arbeitgeber den Mitarbeiter bleiben lassen, hätte er nicht nur das Betriebsklima gefährdet, sondern auch erhebliche finanzielle Leistungen erbringen müssen (Weiterzahlung des Gehalts und eine sechsstellige Abfindung gemäß Sozialplan). Angesichts der zutiefst illoyalen und hetzerischen Äußerungen konnte man dem Unternehmen nicht verdenken, dass es diese Vorteile nicht gewähren wollte. In der Abwägung traten die lange Betriebszugehörigkeit und der Schwerbehindertenschutz zurück, weil der Kläger durch sein Verhalten die grundlegenden Werte des Arbeitsverhältnisses verletzt hat.

Zudem war keine vorherige Abmahnung erforderlich. Nach ständiger Rechtsprechung entfällt die Pflicht zur Abmahnung, wenn eine so schwere Pflichtverletzung vorliegt, dass selbst bei einmaligem Vorfall das Vertrauensverhältnis unwiderruflich zerstört ist und der Arbeitnehmer eindeutig erkennen musste, dass sein Verhalten nicht toleriert wird. Die hier getätigten Äußerungen – von Rassismus bis zur Gewaltfantasie – sind derart gravierend, dass jede Duldung durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war. Ein Arbeitnehmer muss auch ohne Abmahnung wissen, dass derartige Entgleisungen Konsequenzen bis hin zur sofortigen Kündigung haben.

Praxistipps für Arbeitnehmer

  • Vorsicht bei privaten Chats mit Kollegen: Arbeitnehmer sollten nicht darauf vertrauen, dass Äußerungen in einer WhatsApp-Gruppe immer privat bleiben. Alles, was schriftlich festgehalten wird, kann theoretisch weiterverbreitet oder der Geschäftsleitung zugespielt werden. Im digitalen Zeitalter sind Screenshots und Weiterleitungen nur einen Klick entfernt.
  • Keine „Ventilfunktion“ für Hass oder Hetze: Nutzen Sie Chatgruppen nicht als vermeintlich sicheren Raum, um Frust in Form von Beleidigungen oder diskriminierenden Kommentaren abzulassen. Solche Inhalte sind nicht geschützt und können – wenn sie bekannt werden – arbeitsrechtliche Schritte bis zur fristlosen Kündigung nach sich ziehen. Bedenken Sie: Der Arbeitgeber darf reagieren, wenn der Betriebsfrieden durch Ihr Verhalten gestört wird.
  • Engstes Vertrauensverhältnis wählen: Wenn Sie wirklich einmal Dampf ablassen müssen, tun Sie dies höchstens im persönlichen Gespräch mit Ihrem allerengsten Vertrauten (z.B. Partner oder sehr gutem Freund) und ohne elektronische Aufzeichnung. Was dem schriftlichen Gruppenchat anvertraut wird, ist eben nicht so sicher wie ein Gespräch unter vier Augen. Je kleiner und homogener der Kreis, desto eher bleibt etwas vertraulich – absolute Garantie gibt es aber keine.
  • Professionelle Hilfe bei Konflikten: Wenn Sie massive Probleme mit Vorgesetzten oder Kollegen haben, suchen Sie lieber den Rat des Betriebsrats, des Schwerbehindertenvertreters (falls betroffen) oder einer Mediation, statt in Chats zu eskalieren. Beleidigungen und Drohungen lösen das Problem nicht, sondern schaffen neue – bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes.

Praxistipps für Arbeitgeber

  • Hinsehen bei Bekanntwerden von Chat-Inhalten: Als Arbeitgeber dürfen Sie ernsthafte Entgleisungen von Mitarbeitern nicht ignorieren, selbst wenn sie außerhalb der offiziellen Arbeitskommunikation erfolgen. Bekommt die Firma Kenntnis von ehrverletzenden Äußerungen eines Arbeitnehmers über Kollegen oder Vorgesetzte (z.B. durch Hinweise von Mitarbeitern oder vorgelegte Chatprotokolle), kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Dabei sollte jedoch sorgfältig geprüft werden, wie die Informationen erlangt wurden – unzulässige Bespitzelung ist tabu, aber freiwillig zugetragene Chats (wie im vorliegenden Fall) dürfen als Beweis verwertet werden.
  • Vertraulichkeitskontext prüfen: Bewerten Sie die konkrete Chat-Situation. Handelt es sich um eine große Gruppe mit mehreren Teilnehmern, die sich nicht alle blind vertrauen können? Wurden die diffamierenden Aussagen schriftlich festgehalten und eventuell sogar weitergeleitet? In solchen Fällen besteht keine schützenswerte Vertraulichkeit mehr. Anders könnte es sein, wenn ein Mitarbeiter sich im kleinsten Rahmen (z.B. im Zweier-Chat mit seinem besten Freund) unbedacht äußert – hier ist Vorsicht geboten, da die Rechtsprechung in solch einem Fall eine höhere Vertraulichkeit annehmen könnte. Im Zweifel sollte der Arbeitgeber aber klarstellen, dass jedes bekannt gewordene Fehlverhalten bewertet wird.
  • Schnell, aber korrekt handeln: Kenntnis von groben Beleidigungen verpflichtet zum zügigen Handeln. § 626 BGB setzt voraus, dass eine außerordentliche Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung ausgesprochen wird. Diese Frist läuft ab dem Zeitpunkt, an dem der kündigungsberechtigte Entscheider alle wesentlichen Informationen hat. In dieser Zeit sollte der Sachverhalt intern aufgeklärt und der betroffene Arbeitnehmer angehört werden, warum er sich so geäußert hat. Der Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigung anzuhören (§ 102 BetrVG) – in unserem Fall stimmte der Betriebsrat der Kündigung sogar zu, was die Position des Arbeitgebers stärkte. Halten Sie alle Formalien ein, damit die Kündigung nicht an Verfahrensfehlern scheitert.
  • Schwerbehinderte Arbeitnehmer: Besteht – wie im entschiedenen Fall – eine Schwerbehinderung, ist zusätzlich die Zustimmung des Integrationsamts vor Kündigung einzuholen (§ 168 SGB IX). Achten Sie darauf, auch den Schwerbehindertenvertreter frühzeitig einzubinden. Im vorliegenden Fall war der Schwerbehindertenvertreter sogar behilflich, den Chatverlauf zu verifizieren. Trotz Sonderkündigungsschutz sind aber auch schwerbehinderte Mitarbeiter nicht vor fristloser Kündigung geschützt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
  • Abmahnung in Ausnahmefällen entbehrlich: Überlegen Sie, ob eine Abmahnung als milderes Mittel ausreicht oder ob das Vertrauensverhältnis durch die Äußerungen bereits vollkommen zerstört ist. Bei extremen Äußerungen wie hier (rassistische Beleidigungen, Gewaltandrohungen) ist keine Abmahnung erforderlich, da der Mitarbeiter wissen muss, dass ein solches Verhalten sofortige Konsequenzen nach sich zieht. Das LAG bewertete die Aussagen als derart schwerwiegend, dass selbst die einmalige Hinnahme unzumutbar war. In weniger krassen Fällen (z.B. einmalige verbale Entgleisung im Affekt in kleinem Kreis) könnte eine Abmahnung angebracht sein – die Schwelle liegt jedoch hoch.
  • Prävention und Unternehmenskultur: Schaffen Sie eine Unternehmenskultur, in der Kritik offen und respektvoll geäußert werden kann, z.B. durch regelmäßige Mitarbeitergespräche oder Konfliktmanagement-Angebote. So reduzieren Sie das Risiko, dass Arbeitnehmer ihrem Unmut in destruktiven Chats Luft machen. Sensibilisieren Sie Ihre Belegschaft dafür, dass digitale Kommunikation kein rechtsfreier Raum ist und dass Beleidigungen oder diskriminierende Äußerungen Konsequenzen haben können.

Arbeitnehmer sollten sich zweimal überlegen, was sie in Chatgruppen schreiben – selbst im „Privaten“ können extreme Aussagen den Job kosten. Arbeitgeber wiederum haben bei bekannt werdenden schweren Chat-Entgleisungen das Recht, konsequent durchzugreifen, wenn die Vertraulichkeitsschwelle überschritten ist und das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört wurde. Die Entscheidung des LAG Niedersachsen macht deutlich, dass Hass und Hetze im Arbeitsverhältnis keinen Platz haben – auch nicht hinter vermeintlich geschlossenen Chat-Türen.